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Wirtschaft: Tarifforderung orientiert sich an Autoindustrie

Die IG Metall wird an diesem Montag mit ihrer Forderungsempfehlung die kommende Tarifrunde einleiten. Signale vom Wochenende deuten darauf hin, dass die Metallgewerkschaft mit der Empfehlung von fünf bis sieben Prozent Lohnforderung in den internen Abstimmungsprozess gehen wird, der Ende Januar mit der offiziellen Tarifforderung der Gewerkschaft endet.

Die IG Metall wird an diesem Montag mit ihrer Forderungsempfehlung die kommende Tarifrunde einleiten. Signale vom Wochenende deuten darauf hin, dass die Metallgewerkschaft mit der Empfehlung von fünf bis sieben Prozent Lohnforderung in den internen Abstimmungsprozess gehen wird, der Ende Januar mit der offiziellen Tarifforderung der Gewerkschaft endet. Die erwartete Lohnforderung sorgte bei den Arbeitgebern für Aufruhr: Die Metallbranche befinde sich in der Rezession, argumentiert der Metallarbeitgeberpräsident Martin Kannegießer, eine solche Forderung sei "schlicht nicht nachvollziehbar".

Der Kern der beginnenden Auseinandersetzung ist, dass sich die Teilbranchen der Metall- und Elektroindustrie deutlich auseinander entwickeln. Während die Gebrauchsgüterindustrie - dazu gehört auch die Automobilindustrie - sich trotz der miserablen Konjunktur in Deutschland immer noch sehr gut hält, sind Investitionsgüter- und Anlagenbau von dem Konjunktureinbruch hart getroffen. Die Forderungen der Metallgewerkschaft orientieren sich aber in aller Regel stark an der Autoindustrie: Hier hat die IG Metall den höchsten Organisationsgrad und die entsprechende Mobilisierungskraft für einen eventuellen Arbeitskampf.

Vor allem die süddeutschen Autobauer Mercedes, Porsche und BMW haben ein glänzendes Jahr hinter sich. Hier hatten die Metallgewerkschafter Probleme, den Erwartungshorizont der Mitarbeiter in einem realisierbaren Rahmen zu halten: Bei Porsche soll die Belegschaft sogar mit einer Forderungsempfehlung von 9,5 Prozent geliebäugelt haben. "Und das war bei weitem nicht die höchste Forderung", sagt Gerd Duffke, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende des schwäbischen Maschinenbauers Trumpf. Die süddeutschen Metallarbeitnehmer, die in der Tarifrunde aller Voraussicht nach eine zentrale Rolle als Pilotbezirk für die Verhandlungen spielen werden, hätten große Probleme gehabt, "einen vernünftigen Mittelweg zu finden", berichtet Duffke.

"Einen Porschetarif für alle darf es nicht geben - sonst fliegen wir alle aus der Kurve", warnt dagegen Arbeitgeberchef Kannegießer. Die Metallgewerkschaft orientiere sich offenbar an einzelnen Unternehmen, denen es noch ganz gut gehe, anstatt die gesamte Branche in den Blick zu nehmen. Der Beschäftigungsaufbau sei bereits zum Stillstand gekommen. Seit Oktober habe die Metallindustrie über 5000 Stellen abgebaut. Wann der Stellenzuwachs des Aufschwungs, der über 100 000 Stellen betragen habe, abgebaut werde, könne er nicht sagen. Aber die wahre Situation in den Unternehmen werde zurzeit noch nicht deutlich sichtbar, weil noch die Arbeitszeitkonten abgeschmolzen werden können, die die Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren angespart haben, meint Kannegießer. Erst wenn diese Konten leer sind oder stark ins Minus rutschen - und das wird im Laufe des kommenden Frühjahrs passieren - würden Arbeitsplätze in sehr großer Zahl gefährdet.

Die Arbeitnehmervertreter argumentieren, dass die Lohnkosten in Deutschland lange nicht mehr die entscheidende Größe für die Branche seien. Auch hier ist es die Autoindustrie, die als Beispiel und Leitfaden gilt - sehr zum Ärger der Arbeitgeber, die auf die vielen kleinen und mittleren Unternehmen der Branche verweisen, die wesentlich höhere Lohnkostenanteile hätten.

"Der Arbeitskostenanteil in der Autoindustrie liegt nur bei fünf bis sieben Prozent," sagt der IG-Metall-Vizechef Jürgen Peters. Deshalb gebe es wenig Gründe für Lohnzurückhaltung. Opel-Chef Carl Peter Forster hält dagegen, dass es in den vergangenen Jahren massive Arbeitsplatzverlagerungen gegeben habe. Zwar würden die meisten Autos noch in Deutschland montiert, die Zulieferfirmen aber hätten längst große Teile der Fertigung nach Osteuropa verlagert, um die Lohnkosten zu drücken: "Heerscharen von Zulieferern sind nach Osteuropa gegangen, um das Lohngefälle von 50 Euro pro Stunde auf sieben Euro pro Stunde drücken zu können. Als Autohersteller können wir den Standort Deutschland nur erhalten, weil wir erhebliche Anteile der Lohnkosten in den Osten verlagert haben".

Auch Günther Fleig, Personalchef von Daimler-Chrysler warnt die Arbeitnehmer der Autoindustrie davor, den gesunkenen Lohnkostenanteil an den Autos als Argument für hohe Lohnerwartungen zu nehmen: "Wenn wir heute ein S-Klasse-Mercedes in weniger als der Hälfte der Zeit bauen, die wir zu Beginn der neunziger Jahre gebraucht haben, dann liegt das vor allem daran, dass wir diese Arbeit in erheblichem Maß auf die Zulieferer verlagert haben".

Für die Metallgewerkschafter ist das allerdings kein Problem. Sie sagen, dass die unteren Lohngruppen in der Metallbranche ohnehin nicht mehr besetzt werden. Auch fast vier Millionen Arbeitslose würden nicht dazu beitragen, dass sich daran etwas ändere. "Wir haben Problemgruppen auf dem Arbeitsmarkt. Das Problem ist aber nicht der Lohn - sondern die Qualifizierung". Insgesamt sehe die Branche sich nämlich einem wachsenden Facharbeitermangel gegenüber, sagt Peters.

uwe

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