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Wirtschaft: Tarifpolitik: Grüne leisten Widerstand gegen Treuepflicht

Gegen das von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) geplante Gesetz zur Tariftreuepflicht bei der Vergabe öffentlicher Aufträge regt sich beim Koalitionspartner der SPD Widerstand. Wie Müller dieser Zeitung bereits an diesem Montag sagte, soll noch im September ein Gesetzentwurf fertig gestellt werden, nach dem bei öffentlichen Ausschreibungen im Nahverkehr und Bau künftig nur noch Unternehmen den Zuschlag bekommen sollen, die Tariflohn zahlen.

Gegen das von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) geplante Gesetz zur Tariftreuepflicht bei der Vergabe öffentlicher Aufträge regt sich beim Koalitionspartner der SPD Widerstand. Wie Müller dieser Zeitung bereits an diesem Montag sagte, soll noch im September ein Gesetzentwurf fertig gestellt werden, nach dem bei öffentlichen Ausschreibungen im Nahverkehr und Bau künftig nur noch Unternehmen den Zuschlag bekommen sollen, die Tariflohn zahlen.

Werner Schulz, wirtschaftspolitischer Sprecher von Bündnis90/Grüne im Bundestag kündigte am Donnerstag gegenüber dieser Zeitung Widerstand gegen das Gesetz an: "Die Kontroverse in der Koalition ist nicht bereinigt." Nach Auffassung der Grünen sei es wichtiger, die Rationalisierung im Baugewerbe voranzutreiben anstatt die durch Überkapazitäten entstandene Krise im Baugewerbe durch "tarifvertragliche Abschottungsmaßnahmen" lösen zu wollen. Nach der Auffassung des Grünen-Abgeordneten drohen Wettbewerbsverzerrungen durch die Bevorzugung tarifvertragsgebundener Unternehmen bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Das Vergabegesetz (siehe Lexikon) behindere darüber hinaus die Entstehung eines europäischen Binnenmarktes und drohe, europäisches Recht zu brechen: "Es wäre ein großer Lacher, wenn die EU-Kommission die geplante Tariftreueregelung nach nur einem Jahr wieder wegen Wettbewerbswidrigkeit verbieten würde."

In der Tat ist die Gesetzmäßigkeit der in mehreren Bundesländern bereits existierenden Tariftreuegesetze umstritten. So prüft das Bundesverfassungsgericht derzeit die Vergabe-Anordnung des Berliner Senats auf Verfassungsmäßigkeit. Die Arbeitgeberverbände kritisieren jede Form von Vergaberegelungen, weil sie die Tarifautonomie einschränke: "Tarifzwang bei der Auftragsvergabe ist unvereinbar mit grundlegenden Freiheitsrechten wie der im Grundgesetz abgesicherten Koalitionsfreiheit und der europäischen Dienstleistungsfreiheit", erklärte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt am Donnerstag in Berlin.

Nach Angaben von Werner Schulz bestehe in der Koalition noch Uneinigkeit darüber, ob der Tariflohn am Sitz des Unternehmens oder am Auftragsort gezahlt werden solle. Letzeres würde gerade ostdeutsche Bauunternehmen benachteiligen, die die höheren Löhne in Westdeutschland nicht zahlen könnten: "Es kann nicht sein, dass die ohnehin angeschlagenen Ost-Unternehmer noch weiter geschwächt werden." Nach Forderung der Grünen dürfe das Kriterium bei der Berechnung von Tarifen daher nicht Standort des Unternehmens, sondern Ortstarif sein.

Für die Bauindustrie am Verhandlungstisch in der Arbeitsgruppe im Wirtschaftsministerium sitzt auch der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Bauindustrie, Michael Knipper, der ein "bedingtes Ja" seines Verbandes zu den Vorhaben der Bundesregierung signalisiert: "Wir fordern vor allem die sorgfältige rechtliche Prüfung. Praktikabilität sei wichtiger als unüberlegte "Schnellschüsse" durch die Politik, die die Unternehmen ausbaden müssten.

Nach Ansicht von Arbeitgeberpräsident Hundt werden "Manipulationen und regionalem Protektionsimus Tor und Tür geöffnet. Inländische und ausländische Firmen, die sich dem Lohndiktat nicht unterwerfen wollen, werden aus dem Markt gedrängt." Ängste vor osteuropäischer Niedriglohnkonkurrenz im öffentlichen Personennahverkehr seien übertrieben.

nd

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