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Wirtschaft: Technologiewerte: Lucent und Motorola drücken deutsche Aktien

Die Gewinnwarnung des US-Technologiekonzerns Lucent und die enttäuschenden Umsatzzahlen des US-Telekomausrüsters Motorola haben den Aktienmärkten am Mittwoch weitere Kursverluste beschert. Erneut standen Technologiewerte unter besonders starkem Druck.

Die Gewinnwarnung des US-Technologiekonzerns Lucent und die enttäuschenden Umsatzzahlen des US-Telekomausrüsters Motorola haben den Aktienmärkten am Mittwoch weitere Kursverluste beschert. Erneut standen Technologiewerte unter besonders starkem Druck. "Besonders die Gewinnwarnung von Lucent hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht", begründete ein Händler die Kursrückgänge. Der Deutsche Aktienindex (Dax) rutschte bis zum Nachmittag um rund 2,4 Prozent auf 6515 Punkte ab. Stärker erwischte es wieder den Neuen Markt, der auch auf die am Vorabend um 3,4 Prozent schwächere US-Technologiebörse Nasdaq reagierte - und auch die Terminkurse ließen am Mittwoch auf eine schwächere Tendenz schließen. Nemax-50- und Nemax-All-Share-Index brachen jeweils um gut fünf Prozent ein. Damit belaufen sich die Verluste am Neuen Markt allein seit Anfang vergangener Woche auf 16 bis 17 Prozent. Im Vergleich zum Rekordhoch vom März diesen Jahres sind die Indizes auf weniger als die Hälfte geschrumpft.

Was die Börsianer neben der allgemein ohnehin sehr schlechten Marktstimmung beunruhigt, ist die Angst vor weiteren Gewinnwarnungen - das sind Meldungen von Unternehmen, dass sie einen niedrigeren Gewinn oder einen höheren Verlust erwarten, als sie zuvor in Aussicht gestellt hatten - und unter den Analystenerwartungen liegenden Quartalsergebnissen. Der größte Teil der Berichtssaison in den USA steht noch bevor. Das dem Telekommunikationssektor zuzurechnende Unternehmen Lucent Technologies hatte am Dienstag nach Börsenschluss erneut seine Planzahlen für das vierte Quartal gesenkt. Es wird nun ein um 25 bis 29 Prozent geringerer Überschuss im vierten Quartal erwartet. Händlern zufolge haben auch die anhaltenden Gerüchte über Verluste bei sogenannten Junk-Bond-Geschäften (hochverzinsliche Schuldverschreibungen geringer Bonität) bei der Deutschen Bank negativ auf den Markt ausgewirkt. Die Aktien der Deutschen Bank gaben trotz eines Dementis von Vorstandschef Rolf Breuer zeitweise um sechs Prozent. Der Markt gehe anscheinend davon aus, dass an den Gerüchten etwas dran sei, hieß es.

Selbst der Internetprovider Yahoo konnte mit eigentlich glänzenden Zahlen die Händler und Anleger nicht begeistern. Im dritten Quartal und in den ersten neun Monaten dieses Jahres verbuchte Yahoo Rekordumsätze und -gewinne. Das Unternehmen gab am späten Dienstagabend nach Börsenschluss für das Quartal einen Umsatz von 295,5 (Vorjahresperiode 155,9) Millionen Dollar und einen Gewinn von 47,7 (11,1) Millionen Dollar an. Yahoo hatte im September weltweit 185 Millionen Nutzer gegenüber 155 Millionen im Juni. Am Mittwoch rutschte die Yahoo-Aktie im europäischen Handel zeitweise um 14 Prozent ab. Lucent stürzten nach der Gewinnwarnung sogar um rund 25 Prozent ab. Auch ein Wert wie Cisco konnte sich der Talfahrt nicht entziehen und verlor bis zum Nachmittag rund acht Prozent. Motorola, die am Vorabend für das dritte Quartal mit einem Umsatzplus von 18 Prozent auf 9,5 Milliarden Dollar und einem Gewinnanstieg von 66 Prozent auf 598 Millionen Dollar aufwarteten, fielen um über zehn Prozent. Der Handy- und Chiphersteller lieferte am Mittwoch eine Gewinnwarnung für das vierte Quartal nach; Begründung: der schwache Euro.

Die großen deutschen Technologiewerte riss es mit nach unten, wenn auch insgesamt nicht so schlimm. Die Kursverluste bei den Dax-Titeln Epcos, SAP, Siemens und Deutsche Telekom lagen bei vier bis sieben Prozent. Infineon waren bereits kurz nach Börsenöffnung auf ein Allzeittief von 48,50 Euro gefallen und fielen weiter unter 47 Euro, ein Minus von sieben Prozent. Goldman Sachs reduzierte das Kursziel auf 75 Euro von 100 Euro. Am Neuen Markt fielen Intershop und T-Online jeweils um rund sieben Prozent ab, sogar das Biotech-Schwergewicht Qiagen zog es um mehr als zehn Prozent nach unten. Erholen konnte sich immerhin der Medienkonzern EM-TV um zeitweise gut sechs Prozent.

Derzeit herrscht völlige Verunsicherung, wie es an den Börsen und vor allem bei den arg gebeutelten Technologiewerten weitergeht. Während manche Analysten davor warnen, der Markt könne in Panik verfallen, sehen andere bei den Kursen schon Übertreibungen nach unten und rechnen mit einem nahen Ende der Talfahrt. An der Wall Street wird - so eine Analysten-Umfrage des Handelsblatts - die Aussicht auf weitere Investitionen in den Technologiebereich wieterhin als ausgezeichnet beurteilt. Man setze auf Infrastrukturanbieter rund um das Internet und auf Software-Hersteller für das E-Business. Weniger positiv seien die Prognosen für den Halbleiterbereich und PC-Hersteller.

bfr

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