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Wirtschaft: Telekom-Aktionäre legen die Justiz lahm

Prozess vor dem Frankfurter Landgericht beginnt erst im kommenden Jahr / Neue Sammelklage gegen EM-TV

Berlin (hej). Der enorme Andrang von TelekomAktionären legt die zuständige Kammer beim Frankfurter Landgericht und die Hamburger Schiedsstelle Öra (Öffentliche Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle) lahm. Rund 12 000 Anträge von Telekom-Anteilseignern hat die Öra nach eigenen Angaben bereits registriert, insgesamt seien mehr als 15 000 Anträge eingegangen, sagte Grundsatzreferentin Maj Zscherpe. Mehr als 10 000 Telekom-Aktionäre haben bereits Schadenersatzklagen beim Landgericht Frankfurt eingereicht und die zuständige siebte Kammer damit vor erhebliche Probleme bestellt. „Das Gericht sieht kein Land mehr“, kritisiert Franz Braun von der Münchener Kanzlei Rotter.

Weil die Gerichtsverwaltung noch damit beschäftigt ist, alle Kläger zu registrieren, ist mit einem baldigen Prozessbeginn nicht zu rechnen. Vielmehr hat das Gericht der Telekom bis Ende Februar nächsten Jahres Zeit gegeben, auf die Forderungen der Kläger zu reagieren. „Die mündliche Verhandlung wird nicht vor August kommenden Jahres beginnen“, sagt Ralf Plück von der Wiesbadener Kanzlei Doerr, Kühn, Plück & Thoeren, die 5600 Telekom-Aktionäre vertritt. „Die 7. Kammer ist völlig überlastet“, meint Anlegeranwalt Braun. Das sei ein Skandal, denn immerhin habe seine Kanzlei schon im August 2001 die ersten Klagen eingereicht.

Für die Telekom-Aktionäre könnte sich die Geduld jedoch auszahlen. Denn je später der Prozess beginnt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Bonner Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich Anklage gegen frühere Telekom-Vorstände erhebt. Die Staatsanwälte ermitteln wegen des Verdachts falscher Angaben im Emissionsprospekt für den dritten Börsengang. Auf diesen Vorwurf stützen sich auch die Klagen der Aktionäre. Sie hoffen, die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwälte in ihren Zivilklagen verwerten zu können. Das gilt auch für die Anleger, die derzeit das Güteverfahren bei der Öra betreiben. Sie können bis zu sechs Monate nach Abschluss des Schlichtungsverfahrens noch Klage gegen die Deutsche Telekom einreichen, ohne dass die Verjährung ihrer Ansprüche droht.

Auf die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft gründet sich auch die Hoffnung enttäuschter Anleger des Medienunternehmens EM-TV. Nachdem frühere Verfahren gescheitert waren, arbeitet Anlegeranwalt Ralf Plück jetzt an einer neuen Sammelklage. Plück verlangt Schadenersatz wegen falscher beziehungsweise unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen im Jahr 2000. Durch die Pflichtmitteilungen, aber auch durch Zwischenberichte, Interviews und Stellungnahmen sei das Bild eines erfolgreichen Unternehmens und Börsenhighflyers aufrechterhalten worden – „mit Hilfe völlig überzogener Unternehmenskennzahlen“. Das habe auch die Richterin im Strafverfahren gegen die EM-TV-Gründer, die Haffa-Brüder, so gesehen. Der Strafprozess habe ergeben, dass die Haffa-Brüder im August 2000 vorsätzlich falsche Unternehmenszahlen veröffentlicht haben, so Plück. Darauf könnten sich jetzt auch die Anleger in ihren Zivilverfahren berufen. Die Erfolgsaussichten für Klagen gegen EM-TV hätten sich deutlich verbessert.

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