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Wirtschaft: Telekom attackiert Maut-Partner

Forderung nach personellen Konsequenzen bei Toll Collect / BDI-Präsident plädiert für Offenlegung der Verträge

Berlin (fo/hop/uwe). Nach der Pannenserie um die Einführung des Mautsystems für Lkw droht jetzt auch ein handfester Krach zwischen den Industriepartnern DaimlerChrysler und Deutsche Telekom. In der Telekomführung werden die Forderungen nach personellen Konsequenzen bei der Betreiberfirma Toll Collect immer lauter. Vor allem dessen Aufsichtsrat und Daimler-Manager Klaus Mangold und Geschäftsführer Michael Rummel stehen im Zentrum der Kritik.

Verschärft wurde der Konflikt zwischen den beiden Konzernen in dieser Woche durch das Hin und Her um die von den Parlamentariern geforderte Offenlegung der Verträge. Mangolds jüngstes Schreiben an Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) wird als Rückzieher verstanden, weil er darin den Einblick auf eine „mündliche Erklärung beschränkt“. Die Verwirrung ist groß, was Toll Collect den Haushalts- und Verkehrspolitikern nun zu zeigen bereit ist. Die Telekom sieht nach Informationen aus Konzernkreisen kein Problem darin, den Vertrag offenzulegen. Auch BDI-Präsident Michael Rogowski sagte dem Tagesspiegel: „Nach meiner Meinung könnte man die Verträge offenlegen. Das ist aber Sache der Vertragspartner." Rogowski wertet die Mauteinführung bislang als „eine Blamage“.

Verkehrsminister Manfred Stolpe will am kommenden Mittwoch im Verkehrsausschuss über die Verträge berichten. SPD-Verkehrsexperte Reinhard Weis erklärte am Freitag, eine mündliche Erläuterung allein sei nicht akzeptabel.

Viel schwerwiegender als der Streit um die Offenlegung sind aber Forderungen aus der Bonner Telekom-Zentrale: „Es muss auch zu personellen Konsequenzen kommen.“ Bei Toll Collect löst das Verwunderung aus. „Es gibt keinen Streit“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. Telekom-Vorstand Josef Brauner und Mangold „arbeiten hervorragend zusammen“. Mangold selbst hatte noch am Dienstag „personelle Konsequenzen an der Toll-Collect-Spitze“ ausgeschlossen. Dass die Stuttgarter Zentrale in den Maut-Konflikt nicht eingreift, könnte einen einfachen Grund haben. Der 60-jährige Mangold geht ohnehin Ende des Jahres in den Ruhestand und der 47-jährige Rummel zurück in den Daimler-Chrysler-Konzern. Dort soll er die Geschäfte der Beteiligungsgesellschaft Toll Collect kontrollieren. Bei der Telekom ist die Maut seit Wochen Chefsache. Vorstandsvorsitzender Kai-Uwe Ricke lässt sich regelmäßig über den Stand des Verfahrens informieren. Zumal er befürchtet, dass die technischen Pannen und der Streit mit Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) der Telekom bald auch Probleme mit den Aktionären und der Börse bescheren könnte. Deshalb lehnt die Telekom auch strickt Vertrags-Nachverhandlungen wie von Stolpe gefordert ab. Die Haftung sei klar geregelt und eine Schlechterstellung der Telekom würden die Aktionäre nicht akzeptieren. Zudem sei der Maut-Auftraggeber Bund auch noch Großaktionär der Telekom. Direkt und indirekt hält der Staat 43 Prozent der Aktien. Da könnten Schadenersatzzahlungen glatt als Sonderausschüttung missverstanden werden, fürchtet die Telekom.

Aktienrechtler sehen das allerdings anders. Sie glauben, dass die Telekom solche Argumente nur vorschiebe, um sich gegen Stolpes Forderungen zu wehren. Theodor Baums von der Uni Frankfurt sieht keinerlei Haftungsprobleme für den Telekomvorstand, wenn Nachverhandlungen geführt werden. Das gehöre zu den Aufgaben eines jeden Vorstands. So sieht das auch Ulrich Noack, Professor an der Uni Düsseldorf: „Der Vorstand ist völlig frei in seinen Verhandlungen“. Dessen ungeachtet müsse Ricke sich natürlich vor den Aktionären auf der Hauptversammlung rechtfertigen. Für Baums ergibt sich aus der Doppelrolle des Bundes als Auftraggeber und Großaktionär kein konkretes Schadenersatzproblem. Bedingung ist jedoch, dass der Eigentümer Bund keinen Druck auf die Telekom etwa über den Aufsichtsrat ausübt.

Was Haftungs- und Terminfragen betrifft, agierte das Maut-Konsortium im Ausland offenbar vorsichtiger als in Deutschland. Im Frühjahr 2002 nahm Toll Collect auch an der Ausschreibung des Mautsystems für Österreich teil, kam jedoch nicht einmal in die Schlussrunde. Marc Zimmermann, Sprecher der zuständigen staatlichen Asfinag, sagte dem Tagesspiegel: „Toll Collect wollte zwar das Mautsystem zum 1.1.2004 hinstellen, aber nicht garantieren, dass es läuft.“ Auch auf Haftungsansprüche habe sich das Unternehmen nicht einlassen wollen. Deshalb sei es ausgeschieden.

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