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Wirtschaft: Toll Collect versucht Neustart bei der Maut

Zwei Daimler-Chrysler-Manager scheiden aus dem Lkw-Maut-Konsortium aus / Stolpe begrüßt den Schritt

Berli n (fw). Nach monatelangen Streitereien mit dem Verkehrsministerium hat das LkwMaut-Konsortium Toll Collect am Dienstag seine Führungsspitze ausgewechselt. Michael Rummel, bisher Geschäftsführer des Konsortiums, wurde von den drei Gesellschaftern Deutsche Telekom, Daimler-Chrysler und Cofiroute abberufen, teilte Toll Collect am Dienstag in Berlin mit. Hans-Burghardt Ziermann, Chief Operating Officer von Toll Collect, werde nun das Unternehmen leiten. Zudem scheidet Daimler-Chrysler-Vorstand Klaus Mangold am 16. Dezember aus dem Aufsichtsrat aus. Das Kontrollgremium wird dann von dem Telekommunikationsexperten Peter Mihatsch geführt.

Mit dem Personalwechsel zieht das Konsortium erste Konsequenzen aus den vielen technischen Pannen, welche die Einführung der Lkw-Maut bisher begleitet haben. Der Termin für den Start der Maut wurde bereits zweimal verschoben: Zunächst war der 31. August geplant, dann der 2. November. Inzwischen wird frühestens im Frühjahr 2004 mit einem Systemstart gerechnet. Dem Bund werden durch den Ausfall der Mauteinnahmen wahrscheinlich mehr als 900 Millionen Euro entgehen.

Derzeit tagt eine technische Arbeitsgruppe, die die Fehler des Systems genau untersuchen und eine klare Aussage für einen neuen Termin machen soll. Auch über mögliche Nachverhandlungen des Vertrags wird derzeit diskutiert. Am Mittwoch will Stolpe den Verkehrsausschuss über die Mautverträge informieren – allerdings war am Dienstag Abend noch nicht klar, in welchem Umfang. Dies hängt von der Zustimmung des Konsortiums ab.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Albert Schmidt, forderte Toll Collect gegenüber dem Tagesspiegel dazu auf, die Verträge „uneingeschränkt und auf schriftlicher Grundlage“ offen zu legen. Ansonsten sei „ein Untersuchungsausschuss unausweichlich“. Er begrüßte den Personalwechsel. „Ich hoffe, dass jetzt ein neuer Kommunikationsstil anfängt“, sagte Schmidt. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe zeigte sich ebenfalls erfreut. Er hoffe nach dem „Reißen der beiden Starttermine“ nun auf eine „vertrauensvolle und ehrliche Zusammenarbeit“, sagte ein Sprecher des Ministers.

Mit dem Ausscheiden von Mangold und Rummel verlassen zwei Manager das Konsortium, die von Daimler-Chrysler kommen: Rummel bleibt weiterhin Leiter der Sparte Daimler-Chrysler Services Mobility Management. Mangold scheidet bei Daimler-Chrysler plangemäß am 16. Dezember aus dem Vorstand aus. An seine Stelle als Aufsichtsratschef von Toll Collect tritt nun der 62-jährige Peter Mihatsch. Der ehemalige Chef der Kommunikationssparte von Mannesmann gehört keinem der drei Gesellschafter an. Schon seit Wochen ist er bei Toll Collect als Berater tätig. Ziermann ist seit Anfang des Jahres bei Toll Collect und war zuvor Geschäftsführer bei Viag Interkom. In Unternehmenskreisen wird der Abgang von Rummel und Mangold als Folge der technischen Pannen bewertet. Allerdings gab es auch Vorwürfe im „Spiegel“, dass Rummel einen der lukrativen Aufträge für die Mautabrechnung nötigen Bordcomputer an die Paderborner Firma OMP vergeben habe, in der er bis vor kurzem als Aufsichtsrat tätig war. Laut dem Spiegel vermuten Insider zudem, dass Mangold Rummel eine Prämie von einer Million Euro sichern wollte und sich deswegen immer wieder vor ihn stellte. Die Prämie sollte Rummel bekommen, wenn das Mautsystem die Betriebszulassung erhält.

Unterdessen gab es bei den Spediteuren unterschiedliche Reaktionen zum Personalwechsel bei Toll Collect: Der Hauptgeschäftsführer des Speditions- und Logistikverbands (DSLV), Heiner Rogge, sieht darin „eine Chance für einen Neuanfang“, sagte er dem Tagesspiegel. „Wir hoffen, dass das Unternehmen jetzt offen und ehrlich mit allen Beteiligten umgeht, und dass Probleme nicht mehr klein geredet werden“, sagte Rogge.

Er wirft Toll Collect „grobe Fahrlässigkeit“ vor, weil in die Lkws defekte Geräte eingebaut worden seien. „Der Austausch hat unsere Mitglieder einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet“, sagte Rogge. Allein eine einstündige Anfahrtszeit zur Werkstatt koste 40 Euro pro Lkw, zusammen mit den Standzeiten summiere sich der Schaden auf eine Millionensumme. Der Verband werde bei Toll Collect Schadenersatz einfordern. Bevor nicht nachgewiesen sei, dass das System funktioniere, würden sich die Unternehmen nicht an einer Probephase beteiligen. Auch der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) fordert Schadenersatz . „Unseren Mitgliedern sind allein für den Austausch der Geräte Kosten in Höhe von sechs bis zehn Millionen Euro entstanden“, sagte BGL-Präsident Karl-Heinz Schmidt dem Tagesspiegel. Schmidt misst dem Personalwechsel bei Toll Collect keine Bedeutung zu. „Die Probleme kann man nicht an einer Person festmachen.“ Wichtig sei, dass sich das Unternehmen jetzt Zeit nehme, das System fehlerfrei zu entwickeln.

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