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Wirtschaft: Topvolkswirte zieht es ins Ausland

USA sind beliebtestes Ziel für deutsche Forscher

Düsseldorf - Es sollte nur eine Sache von ein paar Semestern sein. Nach ihrem Volkswirtschaftsvordiplom ging Stephanie Schmitt-Grohé Ende der achtziger Jahre an eine kleine amerikanische Uni. „Für mich war klar, dass ich wieder nach Deutschland zurückkehre“, erinnert sie sich. „Ich habe mir immer gedacht: Noch ein, zwei Jahre, dann gehst du zurück.“

Vor fünf Jahren dann kam für die Makroökonomin die Stunde der Wahrheit: Die Universität Frankfurt bot ihr einen Lehrstuhl für Makroökonomie an – an sich ein „Traumjob“, wie sie noch heute sagt. Schmitt-Grohé sagte trotzdem ab. Zu unattraktiv erschienen ihr die Arbeitsbedingungen an deutschen Hochschulen. Heute ist die Forscherin, die zu den produktivsten deutschen Volkswirten gehört, Professorin auf Lebenszeit an der Duke University in North Carolina.

Die 40-Jährige gehört zu einer wachsenden Gruppe von deutschen Ökonomen, die ihr berufliches Heil in der Fremde suchen. Mehr als 120 Wirtschaftswissenschaftler haben dem Land den Rücken gekehrt, zeigt eine Untersuchung des „Handelsblatts“. Damit arbeitet mindestens jeder zehnte deutsche Hochschulvolkswirt außerhalb der Landesgrenzen.

Die Studie zeigt: Vor allem junge, erfolgreiche Forscher verlassen das Land. Von den 100 forschungsstärksten Ökonomen unter 45 Jahren arbeitet jeder zweite an einer ausländischen Universität. „Langsam muss man sich fast rechtfertigen, dass man nicht in den USA ist“, sagt der Münchener Spieltheoretiker Klaus M. Schmidt, der selbst vor 15 Jahren ein Jobangebot des renommierten MIT in Boston ausschlug.

Heute sind es vor allem die US-Unis, die deutsche Topforscher anziehen – jeder zweite deutsche Auslandsökonom arbeitet in den USA. Großbritannien und die Schweiz liegen auf Platz zwei und drei der beliebtesten Länder. Die ausländischen Universitäten zahlen oft besser. Zudem bieten vor allem US-Institute jungen Wissenschaftlern bessere Arbeitsbedingungen und Aufstiegschancen. Forscher brauchen sich dort kaum um Verwaltungsaufgaben zu kümmern und haben deutlich geringere Lehrverpflichtungen.

Auffällig ist: In den fünf angesehensten ökonomischen Fachzeitschriften der Welt sind Deutsche, die im Ausland arbeiten, deutlich häufiger vertreten als ihre heimischen Kollegen. „Unsere Studenten sind heute international konkurrenzfähig“, sagt Friedrich Schneider, Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik, einer wichtigen Vereinigung von VWL-Professoren. Dass junge Forscher ins Ausland gehen, sieht er nicht als Problem. „Gefährlich wird es erst dann, wenn es nicht gelingt, zumindest einen Teil nach ein paar Jahren wieder zurückzuholen.“ost (HB)

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