zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Turban oder Kopftuch

Frankreich diskutiert einen Gesetzentwurf, der das Tragen „sichtbarer“ religiöser Symbole an Schulen verbietet. Dieses Vorhaben sei nur eine konsequente Verstärkung der Trennung von Kirche und Staat in Frankreich, behauptet Staatspräsident Jacques Chirac.

Frankreich diskutiert einen Gesetzentwurf, der das Tragen „sichtbarer“ religiöser Symbole an Schulen verbietet. Dieses Vorhaben sei nur eine konsequente Verstärkung der Trennung von Kirche und Staat in Frankreich, behauptet Staatspräsident Jacques Chirac. Chain Singh, Leiter der kleinen Gemeinde französischer Sikhs, hat jetzt die mangelnde Ehrlichkeit der Regierung in Bezug auf dieses kontrovers diskutierte Problem bloßgestellt: Das Gesetz würde nämlich auch im Schuldienst tätige Sikhs zwingen, ihre Turbane abzunehmen. Dann müssten die Sikhs logischerweise auch ihr Haar schneiden, was ihnen ihr Glaube jedoch verbietet. Dadurch werde jedoch auch ihr Haar zu einem „sichtbaren“ religiösen Symbol – mit entsprechenden Konsequenzen.

Singh hat den französischen Präsidenten gebeten, die Sikhs von dem Gesetz auszunehmen. Damit hat Singh die französische Regierung in eine missliche Lage gebracht. Ungefähr 5000 Sikhs leben friedlich in Frankreich und zahlen die Steuern, die die Schulen finanzieren. Bis jetzt dachten die Sikhs, dass ihre Freiheitsrechte in einem Land, zu dessen Grundprinzipien „liberté“, die Freiheit, gehört, sicher wären. So viel also zu der noch klareren Trennung von Kirche und Staat: Im Fall der Sikhs würde der französische Staat die religiöse Freiheit im Namen des Säkularismus einschränken. Keine andere westliche Nation verbietet den Sikhs das Tragen von Turbanen. In Großbritannien sind die Sikhs sogar von der Helmpflicht beim Motorradfahren ausgenommen.

Die französische Regierung bekümmert sich natürlich nicht wirklich um die Sikhs und ihre Turbane. Genau wie sie sich nicht wirklich um die Hand voll verschleierter muslimischer Mädchen oder die Verteidigung der säkularen Schule schert. Der wirkliche – und legitime – Anlass für den Gesetzentwurf sind die fünf Millionen in Frankreich ansässigen Muslime, die sich kaum integrieren lassen. Aber: Das neue Gesetz packt das Problem nicht an der richtigen Stelle. Wie der Fall der Sikhs zeigt, hat das Gesetz stattdessen ernste, unbeabsichtigte Nebeneffekte. Chain Singh sollte die französischen Parlamentarier zum Nachdenken bringen, bevor sie für dieses Gesetz stimmen.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false