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Wirtschaft: Übernahme durch Allianz: Der Dresdner-Bank-Aktie schlägt bald die letzte Stunde

Das Jahr 2000, die Dividende, das Ergebnis im ersten Quartal - die Aktionäre der Dresdner Bank wird all das am Freitag wenig interessieren. Die vermutlich letzte große Hauptversammlung der traditionsreichen Bank wird von einem Thema dominiert: der Übernahme der Bank durch die Allianz.

Das Jahr 2000, die Dividende, das Ergebnis im ersten Quartal - die Aktionäre der Dresdner Bank wird all das am Freitag wenig interessieren. Die vermutlich letzte große Hauptversammlung der traditionsreichen Bank wird von einem Thema dominiert: der Übernahme der Bank durch die Allianz. Anfang April haben Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle und Dresdner Bank-Vorstandssprecher Bernd Fahrholz das Vorhaben verkündet. Seitdem herrscht Funkstille. Immer noch liegt den Aktionären der Dresdner Bank kein konkretes Übernahmeangebot aus München vor. Erst Ende Mai will es die Allianz auf ihrer Hauptversammlung präsentieren. Aber schon im Juli soll die Übernahme durch sein. Noch ist nicht klar, wie vor allem das Vertriebsnetz künftig organisiert wird. Allerdings soll die eigentlich schon beschlossene Schließung von 100 Filialen der Bank nochmal überprüft werden. Schließlich übernimmt Allianz das Geldhaus vor allem wegen des Filialnetzes.

Auch deshalb ist die Stimmung unter den rund 51 000 Mitarbeitern der Dresdner Bank relativ gelassen. Auch die Aktionäre der Dresdner Bank sind im Prinzip mit der Übernahme zufrieden. "Die Strategie ist zukunftsweisend für die Bank. Mit der Allianz kommt sie zurück in die Weltliga", sagt Ulrich Hocker, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Mit dem Abfindungsangebot aus München ist er weniger zufrieden. Für je zehn Dresdner Bank-Aktien will die Allianz eine eigene Aktie und 200 Euro in bar zahlen. Rein rechnerisch entsprach dies am Mittwochmittag einem Kurs der Dresdner Bank-Aktie von rund 51,15 Euro. Gehandelt wurde sie mit 50,60 Euro. "Der Zuschlag könnte höher sein", sagt Hocker. Ähnlich sieht es die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK). "Der Vorstand der Bank hat für uns nicht genug herausgeholt", sagt SdK-Sprecherin Reinhild Keitel.

Das allerdings ist die einzige Aufregung, die am Freitag in der Höchster Jahrhunderthalle spürbar werden dürfte. Kleinaktionäre, aber auch die Mitarbeiter der Bank haben das Vorhaben abgehakt und tragen es viel gelassener als den im vergangenen Jahr geplanten Zusammenschluss mit der Deutschen Bank. Endlich ist die Unsicherheit über die Zukunft der Bank ausgeräumt. Trotzdem hat die Hauptversammlung der Dresdner Bank außerordentlichen Charakter. Schließlich ist es das vermutlich letzte große Treffen der Anteilseigner in der 129-jährigen Geschichte der Bank. Fahrholz und Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle, der als Mitglied des Aufsichtsrates der Dresdner Bank auf der Hauptversammlung zugegen sein wird, dürfte wenig Neues erzählen. Die entscheidenden Dinge haben sie Anfang März kundgetan. Beide werden noch einmal ihren Plan in höchsten Tönen loben, die Logik des Zusammenschlusses betonen und die Aktionäre auffordern, das Übernahmeangebot anzunehmen. Einen darüber hinausgehenden Wissensdurst der Aktionäre werden sie nicht stillen. "Auch Herr Schulte-Noelle wird keine Fragen beantworten", sagt Dresdner Bank-Sprecherin Claudia Bresgen.

Die Integrationsteams beider Seiten arbeiten gleichwohl auf Hochtouren. Konkrete Ergebnisse, versichert Bresgen, gebe es aber noch kaum. Für den Betriebsrat in Frankfurt allerdings schon: Dort nämlich sieht man die Chance, dass die von Fahrholz vor einem Jahr angekündigten Schnitte bei den Filialen und beim Personal weniger drastisch ausfallen. 200 der 300 geplanten Filialschließungen sind zwar schon umgesetzt und 1800 der rund 5000 geplanten Stellen gestrichen. "Aber bei den restlichen 100 Filialen wird noch einmal intensiv geprüft, ob wirklich alle geschlossen werden", sagt Sultan Salam, Vorsitzender des Betriebsrates der Konzernzentrale. Das würde Sinn machen, schließlich schluckt die Allianz die Bank vor allem wegen des Vertriebsnetzes. Insgesamt sieht Salam wenig Überschneidungen zwischen Bank und Versicherung, allenfalls zum Teil in den jeweiligen Zentralen. "Für viele Mitarbeiter eröffnen sich sogar neue berufliche Chancen. Die Übernahme durch die Allianz ist mit das Beste, was der Bank passieren konnte." Besser könnte es auch Vorstandssprecher Fahrholz nicht sagen, der als Stellvertreter Schulte-Noelles in den Vorstand der Allianz einzieht. Er ist sich sicher, ohne Störfeuer seine vor einem Jahr ausgerufene Strategie einer Europäischen Beraterbank umsetzen zu können. Analysten allerdings erwarten nach wie vor die Zerschlagung der Dresdner Bank. Auch an der Börse wird im Sommer die letzte Stunde für die Aktie der Bank schlagen.

ro

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