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© AFP

Wirtschaft: Unheimlich reich

Die deutsche Familie Reimann besitzt Milliarden. Doch kaum jemand kennt sie.

Düsseldorf – Die Marken kennt jeder, die Eigentümer nicht. Dabei gehören zum Imperium der deutschen Milliardärsfamilie Reimann klangvolle Namen. Über ihre US-Kosmetikfirma Coty verdienen die Reimanns jedes Mal Geld, wenn Parfüm der Marken Jil Sander, Davidoff, Joop oder Lancaster-Kosmetik über den Ladentisch geht. Am britischen Calgon- und Kukident-Hersteller Reckitt Benckiser ist der Clan beteiligt. Auch Luxusmarken wie Bally, Jimmy Choo und Zagliani sind über die Schweizer Firma Labulex Teil der Unternehmensfamilie. Diese Beteiligungen zahlen sich aus. Die Reimanns gelten als eine der reichsten deutschen Unternehmerfamilien – im Milliardärsranking des „Manager Magazins“ belegen sie mit einem geschätzten Vermögen von elf Milliarden Euro Platz vier. Ihre Beteiligungen steuern sie über die in Wien ansässige Holding Joh. Benckiser SE (JAB).

Auch im Kaffee- und Teegeschäft mischt die Familie mit. Künftig noch mehr als heute. Denn JAB hat Interesse an einem weiteren großen Namen – der niederländischen Kaffeemarke Douwe Egberts. Deren Läden verkaufen schon seit einigen Jahren Kaffeekapseln für Nestlés System Nespresso. Solche fremden Kopien sind Nestlé ein Gräuel, doch Douwe Egberts setzte sich durch. Einen echten eigenen Hit landeten die Niederländer vor einigen Jahren mit dem Kaffee-Pad-System Senseo in Zusammenarbeit mit den Landsmännern von Philips.

Jetzt soll die Marke der Kern eines Konzerns werden, der die Kaffeewelt erobern soll. Die Familie Reimann hat, wie berichtet, über ihre Finanzholding JAB ein Gebot an die Aktionäre des Konzerns DE Master Blenders 1753 (DEMB) abgegeben. Zusammen mit Finanzinvestoren bewertet sie das niederländische Unternehmen mit 7,5 Milliarden Euro. Zuvor hatte sie bereits Milliarden in zwei Kaffeeketten in den USA investiert. Das passt: DEMB könnte die US-Ketten mit Kaffee beliefern. In den Niederlanden verkaufen die DEMB-Shops gebrühten Kaffee und Kapseln für zu Hause.

Nach Zahlen der Marktforscher von Euromonitor ist DEMB das drittgrößte Kaffee-Unternehmen der Welt. Mit einem Marktanteil von 7,3 Prozent liegt es hinter Nestlé und Mondelez (ehemals Kraft Foods). Der Markt wächst rasant: 2012 umfasst er 76 Milliarden Dollar, 2017 sollen es schon 103 Milliarden Dollar sein.

Entsprechend soll auch DEMB zulegen. Der neue Kaffeeriese wäre deutlich mächtiger als Tchibo, der Kaffeekonzern im Besitz der Hamburger Herz-Familie. „JAB und seine Partner wollen DEMB als Plattform sowohl für organisches Wachstum als auch für Zukäufe bei Kaffee und Tee für Konsumenten nutzen“, sagt JAB-Manager Bart Becht. Allerdings nehmen die Bieter, zu denen auch Investoren wie die Brauereien AB Inbev und SAB Miller gehören, für den Kauf drei Milliarden Euro Schulden auf.

Niederländische Zeitungen spekulierten, Becht habe besonderen Einblick in den Konzern. Als Chef des Konsumgüterherstellers Benckiser habe er jahrelang mit dem heutigen DEMB-Chef Jan Bennink zusammengearbeitet. Beide kennen sich seit Jahren. Schon bislang war JAB zudem Aktionär von DEMB. Bennink profitiert auch persönlich von der Übernahme: Gut zwölf Millionen Euro soll er verdienen, wenn er sein Aktienpaket — wie bereits angekündigt — verkauft. Das Management jedenfalls empfiehlt den Aktionären, das Angebot anzunehmen.

Die Amsterdamer Börse verliert mit dem Geschäft ein Unternehmen, das erst seit knapp einem Jahr notiert ist. Zuvor gehörte die Traditionsmarke zum US- Mischkonzern Sara Lee, der sich in den vergangenen Jahren aufgespalten hat und DEMB an die Börse brachte. Unklar ist, weshalb Reimanns nicht schon damals zugeschlagen haben. Beim Börsengang war DEMB nur gut die Hälfte Wert — vier Milliarden Euro. Jetzt erhalten die Aktionäre einen Aufschlag von 36 Prozent auf den Durchschnittskurs, der drei Monate vor Bekanntgabe der Kaufabsichten galt. Christoph Kapalschinski (HB)

Christoph Kapalschinski (HB)

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