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Unternehmen vererben: Der Nächste, bitte

Wer ein Unternehmen zu vererben hat, sollte sich rechtzeitig Gedanken um die richtige Nachfolge machen So bewahrt man sein Vermögen für die nächste Generation.

Es ist vielleicht die schwierigste Aufgabe in einem Unternehmerleben: den eigenen Rausschmiss planen. Etwa 4 100 Unternehmen stehen in Berlin nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung in den kommenden drei Jahren zur Übergabe an. „Fehler bei der Übergabe können von Unternehmenskrisen bis hin zur Betriebsaufgabe führen“, warnt Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Berliner Handwerkskammer. „Man übergibt ein Unternehmen nicht erst durch ein Testament“, sagt Rolf Rahm, Rechtsanwalt bei Ecovis Berlin. Denn eine vernünftige Nachfolge braucht Jahre.

Zunächst muss man jemanden finden, der die Firma übernehmen kann und das auch will. „Viele Unternehmer machen den Fehler, dass sie zu lange auf ihre Kinder warten“, sagt Rahm. Dabei hat der Nachwuchs vielleicht viele gute Eigenschaften geerbt, aber nicht das Talent zum Unternehmertum. Wer mit dieser Frage bis zum Rentenalter wartet, verpasst unter Umständen die Chance, den Betrieb zu einem günstigen Zeitpunkt an einen geeigneten Nachfolger zu verkaufen. Wenn das Thema rechtzeitig angesprochen wird, haben die eigenen Kinder genügend Zeit, sich zu entscheiden und sich auf die Aufgabe vorzubereiten – durch ein passendes Studium, die Mitarbeit im Betrieb oder indem sie erst einmal Erfahrungen in anderen Unternehmen sammeln.

Das soll aber nicht heißen, dass ein Unternehmer kein Testament braucht. „Im plötzlichen Todesfall muss die Nachfolge klar benannt sein“, sagt Rechtsanwalt Rahm. Sonst kann es passieren, dass das Unternehmen an eine Erbengemeinschaft fällt, an Kinder aus zwei verschiedenen Familien etwa, die sich gegenseitig misstrauen und keine Ahnung von Betriebswirtschaft haben. Bis das Erbe aufgeteilt ist, muss jede Entscheidung in der Firma von dieser unfreiwilligen Gemeinschaft getroffen werden. „Bis die sich geeinigt haben, ist der Betrieb auch tot“, sagt Rahm.

Auch steuerliche Fragen sind zu klären. Das Erbschaftsteuerrecht belohnt Nachfolger, die den Familienbetrieb weiterführen, mit bis zu 100-prozentiger Erbschaftsteuerfreiheit. Wer in den Genuss der kompletten Verschonung kommen will, muss sich verpflichten, das Unternehmen sieben Jahre weiterzuführen und die Lohnsumme in dieser Zeit konstant zu halten. Nur bei Betrieben mit weniger als 20 Angestellten darf die Lohnsumme sinken. Voraussetzung für die Verschonung ist in jedem Fall, dass der Großteil des Betriebsvermögens aus dem operativen Geschäft stammt. Der Verwaltungswert, etwa vermietete Immobilien, Wertpapiere oder Kunstgegenstände, darf maximal zehn Prozent betragen. „Wer rechtzeitig plant, kann das Verwaltungsvermögen aus dem Unternehmen heraus in andere Gesellschaften übertragen und so dafür sorgen, dass der Betrieb von der Erbschaftsteuer verschont bleibt“, rät Rechtsanwalt Rahm. Die Alternative ist die Variante der 85-prozentigen Erbschaftsteuerverschonung: Hier darf das Verwaltungsvermögen bis zu 50 Prozent betragen, das Unternehmen muss mindestens fünf Jahre weitergeführt werden und die Lohnsumme darf in dieser Zeit nicht stärker als 20 Prozent sinken.

Die steuerliche Belastung aber, sagt Rahm, sei „ein Witz“ gegen den Schaden, der durch Pflichtteilsansprüche entsteht. Ein Unternehmer etwa, der eine Frau und vier Kinder hat und nur einem von ihnen den Betrieb überträgt, muss damit rechnen, dass der Rest der Familie nach seinem Tod seine Pflichtteilsansprüche geltend macht. Die Ehefrau hätte dann ein Anrecht auf ein Viertel des Vermögens, die übrig gebliebenen drei Kinder jeweils auf ein Sechszehntel. Verfügt das Unternehmen nicht über genügend flüssige Mittel, bleibt dem Nachfolger nichts anderes übrig, als den Betrieb zu verkaufen. „Ich kenne kein Unternehmen, das in der Lage ist, Pflichtteilsansprüche auszuzahlen“, sagt Rahm. Wer sein Unternehmen an einen ausgewählten Nachfolger überträgt, sollte die übrigen Erbberechtigten daher unbedingt beim Notar unterschreiben lassen, dass sie auf ihren Pflichtteil verzichten. Eine andere Möglichkeit ist ein Erbvertrag, den alle Parteien unterzeichnen und in dem etwa festgelegt wird, was die anderen Kinder als Ausgleich bekommen. Denkbar ist etwa, dass die Geschwister am Gewinn des Unternehmens beteiligt werden.

Um spätere Diskussionen zu vermeiden, kann man die Firma natürlich auch schon zu Lebzeiten an den auserkorenen Nachfolger übertragen, etwa durch eine Schenkung. Auch hier gibt es die Möglichkeit der kompletten steuerlichen Befreiung, genau wie bei der Erbschaft. Im Gegenzug lassen sich feste Pensionszahlungen vereinbaren. Wenn seine Rente vom Erfolg des Betriebs abhängt, sollte sich der Unternehmensgründer aber zwingend auch gewisse Kontrollrechte sichern, warnt Rahm. Nur dürfe er auch nicht den Fehler machen, den neuen Inhaber zu bevormunden, sonst ist der Streit programmiert. Der Rechtsanwalt hat auch schon Fälle gesehen, in denen der Senior wichtige Geschäftsgeheimnisse für sich behielt, weil er dem Junior den Erfolg nicht gönnte. Die Gefühle, sagt Rahm, seien eigentlich die größte Schwierigkeit bei einer Nachfolge. „Wenn man das nicht ausdiskutiert, kann das ein harter Kampf werden.“

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