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Schlechtes Urteilsvermögen? Händler bei JP Morgan Chase.

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Update

US-Großbank: JP Morgan verzockt Milliarden

Fehler, Schlampereien, schlechtes Urteilsvermögen: Wenn ein Bankchef solche Dinge über sein Haus einräumt, muss etwas schief gegangen sein. Die US-Großbank JP Morgan Chase hat ein Problem.

Bei diesem Fall von Fehlspekulationen kommen Erinnerungen an die Finanzkrise hoch: Die größte US-Bank JPMorgan Chase hat seit Anfang April rund 2 Milliarden Dollar oder umgerechnet 1,5 Milliarden Euro bei riskanten Finanzwetten verloren. Bankchef Jamie Dimon sah sich am späten Donnerstag gezwungen, persönlich die Anleger zu informieren. Die Verluste seien selbstverschuldet, sagte er in einer eilig anberaumten Telefonkonferenz. Er sprach von „ungeheuerlichen Fehlern“, Schlampereien und falsche Entscheidungen. Derzeit werde untersucht, wie es genau dazu kommen konnte. „Das ist nicht die Art, wie wir unser Geschäft betreiben wollen“, erklärte Dimon.

Der Bankchef führte das Desaster unter anderem auf ein falsches Modell zur Risikosteuerung zurück. Er musste aber einräumen: „Es kann noch schlimmer werden.“ Denn die Finanzwetten laufen weiter. Die Bank will nicht überhastet aus den Geschäften aussteigen und damit noch größere Verluste riskieren.

Für die verantwortliche Sparte der Bank sagte Dimon einen Verlust von 800 Millionen Dollar im laufenden Quartal voraus, nachdem hier ursprünglich ein Gewinn von 200 Millionen Dollar stehen sollte. Das bedeutet: Auch der Gesamtgewinn wird merklich niedriger ausfallen. Im ersten Quartal hatte die Bank unterm Strich noch 5,4 Milliarden Dollar verdient.

Die Börsianer reagierten geschockt. Die Aktie fiel im nachbörslichen Handel um 6 Prozent und zog dabei auch andere Banktitel in den Keller. Auch die Börsen am Freitag in Asien und in Europa reagierten nervös. Der deutsche Aktienmarkt startete deswegen schwächer.

„Wir werden das lösen“, versicherte Dimon. Er lehnte es mehrfach ab, die Details der problematischen Finanzwetten offenzulegen. Klar ist nur soviel: Die Bank hat im großen Stil mit synthetischen Finanzprodukten spekuliert. Vereinfacht gesagt: Sie hat gewettet.

Derartige Wetten waren ein Auslöser für die Finanzkrise des Jahres 2008. Neue Finanzmarkt-Vorschriften wie die sogenannte Volcker Rule in den USA sollten eigentlich verhindern, dass die Banken jemals wieder in ihre Zockermentalität zurückfallen und am Ende der Staat für die Folgen gerade stehen muss.

„Dieser Handel hat nicht die Volcker Rule verletzt, aber das Dimon-Prinzip“, sagte der Bankchef. Jamie Dimon ist einer der lautesten Kritiker einer starken Bankenregulierung. Das konnte er sich leisten, weil er sein Haus beinahe ohne Blessuren durch die Finanzkrise gesteuert hatte. Die New Yorker Bank ist das bestverdienende Kreditinstitut der Vereinigten Staaten.

Für Bankenkritiker wie den demokratischen US-Senator Carl Levin war der Milliardenverlust eine Steilvorlage: Dies sei eine „starke Erinnerung“ daran, dass eine strenge Bankenregulierung nötig sei, erklärte Levin noch am Abend. Er hatte eine wichtige Rolle bei der Aufarbeitung der Finanzkrise im US-Kongress gespielt. Es müsse sichergestellt werden, dass der Steuerzahler nicht mehr „für derart risikoreiche Wetten geradestehen muss“, forderte Levin.

Bereits vor ein paar Wochen war Kritik an den Spekulationen von JPMorgan Chase hochgekocht. Die Finanz-Nachrichtenagentur Bloomberg und das „Wall Street Journal“ hatten berichtet, dass ein Londoner Händler der Bank derart große Geschäfte tätige, dass der ganze Markt davon bewegt würde. Der Händler bekam den Spitznamen „Wal von London“ verpasst. Bankchef Dimon hatte damals von einem „Sturm im Wasserglas“ gesprochen. (dpa)

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