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Wirtschaft: US-Verbrauchern fehlt das Vertrauen

Stimmungsbarometer im Juli überraschend gesunken – Wirtschaftsforscher dämpfen aufkommenden Optimismus

Berlin (mot). Die amerikanischen Konsumenten trauen dem Aufschwung nicht. Das so genannte Verbrauchervertrauen, ein wichtiger Frühindikator für die Erholung der USKonjunktur, hat sich im Juli überraschend wieder verschlechtert. Dies teilte am Dienstag das Forschungsinstitut Conference Board in Washington mit. Da die Konsumnachfrage fast 70 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts ausmacht, bleiben die Chancen für einen Aufschwung in den USA weiter vage. Kurzfristige Impulse für die deutsche Konjunktur erwarten Volkswirte nicht. Die Börsen reagierten mit einem Kurseinbruch.

Der monatlich erhobene Index zum US-Verbrauchervertrauen fiel unerwartet von 83,5 auf 76,6 Punkte. Ökonomen hatten mit einem Anstieg bis auf 85 Zähler gerechnet. Die Zuversicht war gewachsen, nachdem vor zehn Tagen die Universität von Michigan von gestiegenem Optimismus bei den Verbrauchern berichtet hatte. Experten werteten dies als Indiz für ein Anziehen der US-Wirtschaft. Doch das Conference Board dämpfte den Konjunktur-Optimismus: Steigende Arbeitslosigkeit und das Gefühl der Bürger, dass auf dem Arbeitsmarkt keine schnelle Wende in Sicht sei, hätten die Konsumlust vertrieben. Die US-Arbeitslosenquote liegt bei knapp sechs Prozent.

„Der private Konsum ist das A und O“, sagte Richard Zellmann, Leiter des Research bei Helaba Trust, am Dienstag dem Tagesspiegel. „Die amerikanischen Verbraucher sind das Zünglein an der Waage des Aufschwungs.“ Da die US-Ökonomie etwa ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung ausmacht, gilt sie als Motor der Weltwirtschaft.

An den Börsen reagierten die Investoren zunächst mit einem scharfen Kurswechsel auf die aktuellen Daten. Der Dax stürzte gegen 16 Uhr steil um 60 auf 3380 Punkte ab. Zuvor hatte er sich bis auf 3451 Zähler aufgeschwungen. Am Ende konnte sich der Dax jedoch leicht erholen und schloss bei 3428 Zählern (plus 0,3 Prozent). Auch an den US-Börsen gaben die Kurse anfangs deutlich nach und blieben bis Handelsende im Minus: Der Dow-Jones-Index schloss bei 9204 Punkten mit einem Abschlag von 0,67 Prozent.

Anders als in Deutschland waren während des vergangenen Abschwungs die Ausgaben der privaten Haushalte in den USA stabil geblieben oder sogar gewachsen. Käme diese Stütze jetzt ins Wanken, geriete die gesamte US-Wirtschaft in Turbulenzen. Doch Volkswirte halten dies für unwahrscheinlich: Steuersenkungen, niedrige Zinsen und steigende Einkommen dürften die Konsumlust der Amerikaner wach halten. Die Deutsche Bank erwartet etwa, dass der private Konsum in den USA weiter real um 2,5 bis 3,5 Prozent zunehmen wird – trotz steigender Ersparnisse, mit denen die Verbraucher einen Teil der Verluste am Aktienmarkt ausgleichen oder Schulden abbauen. Helaba Trust schätzt, dass der Konsum die US-Wirtschaft schon im dritten und vierten Quartal um bis zu 3,5 Prozent wachsen lässt.

Ob der Funke so schnell auch auf die deutsche Wirtschaft überspringt, ist zweifelhaft. So erwartet das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) erst 2004 eine merkliche Erholung der Konjunktur in Deutschland. „Der Aufschwung wird in dem Maße kommen, wie es Impulse durch konkrete Reformschritte gibt“, sagte RWI-Vizepräsident Ullrich Heilemann am Dienstag. Zum erwarteten Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 1,8 Prozent trügen im kommenden Jahr vor allem die geplante Steuerentlastung und die außergewöhnlich vielen Arbeitstage bei. Das Ifo-Institut hatte am Montag nach einem dreimaligen Anstieg des Geschäftsklima-Index die Hoffnung auf eine schnellere Erholung genährt.

Ökonomen warnten am Dienstag vor einer Überbewertung des US-Verbrauchervertrauens. „Erst wenn auch die Investitionen anziehen, kommt Dynamik in die amerikansche Wirtschaft“, sagte Dieter Claus, Volkswirt bei der NordLB. Ob die Unternehmen den neuen Pessimismus der Konsumenten teilen, könnte der mit Spannung erwartete US-Einkaufsmanagerindex an diesem Freitag zeigen. „Das Verbrauchervertrauen ist noch von der Psychologie geprägt“, warnte auch Richard Zellmann von Helaba Trust. Entscheidender für die konjunkturelle Erholung sei, dass die Unternehmen investierten – statt nur mit Schuldenabbau und Entlassungen ihre Zahlen zu verbessern.

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