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"Auf den Dächern" heißt eine Sendung, die Tape.tv selbst produziert. Sie präsentiert Musiker wie Florence + the Mashine vor der Skyline Berlins. Der Online-Musiksender hat monatlich rund 3,5 Millionen Nutzer.

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Venture Capital: Wenn der Staat was riskiert

Die Beteiligungsgesellschaft der Förderbank IBB gibt jungen Firmen Wagniskapital – mit Erfolg.

„Arm aber sexy – das war gestern. Diese Stadt braucht einen anderen Slogan“, sagt Conrad Fritzsch, einer der Gründer von Tape.tv. „Es steckt viel Energie im Online-Geschäft, da kann etwas Großes daraus werden.“ Tape.tv macht personalisiertes Musikfernsehen und ist eines der vielen jungen Unternehmen, die gerade in der Internetbranche in Berlin entstehen und die wachsen wollen. Um das Wachstum zu finanzieren und das Produkt weiterzuentwickeln, hat Fritzsch ein halbes Jahr lang mit Investoren gesprochen, die sich an seinem Unternehmen beteiligen sollen. „Ich habe lieber zehn Prozent an einem weltweiten Entertainment-Unternehmen, das 500 Millionen Dollar Umsatz macht, als 50 Prozent an einem Berliner Lokalsender“, sagt er. Am Ende wurde Friztsch mit fünf Risikokapitalgebern einig – einer von ihnen ist die IBB Beteiligungsgesellschaft (IBB Bet). Die legte am Mittwoch in Berlin ihren Jahresbericht vor.

Die IBB Bet ist eine Tochter der Investitionsbank Berlin, der Förderbank des Landes. Neun Millionen Euro hat die IBB Bet im vergangenen Jahr in 16 Neuinvestitionen gesteckt und mehr als drei Millionen Euro in 20 Folgeinvestments. „Wir sind damit – gemessen an der Anzahl der Transaktionen – auch deutschlandweit einer der aktivsten Risikokapitalgeber“, sagt Geschäftsführer Marco Zeller. Das Investitionsvolumen stieg im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent, die Anzahl der Transaktionen sogar um 50 Prozent. Auch die pure Anzahl spielt in diesem Fall eine Rolle, denn die IBB Bet investiert nie allein in ein Unternehmen, sondern immer nur zusammen mit privaten Risikokapitalgebern (englisch: Venture Capital). Das heißt, jeder Euro, den die IBB Bet investiert, ist mit weiteren Investitionen verbunden. Welche Rendite die IBB Bet erzielt, sagt Zeller nicht. Nur so viel: Sie sei seit 2005 rentabel und zwar auch in Krisenzeiten. Die Rendite liege auf dem gleichen Niveau wie die der privaten Investoren. „Wir sind gut im Plus“, sagt Zeller.

Derzeit beobachtet die IBB Bet ein steigendes Interesse internationaler Investoren am Standort Berlin. Der Markt habe sich deutlich belebt und es sei erheblich leichter geworden, Co-Investoren zu finden. Es gibt allerdings noch Nachholbedarf. So hat der Informationsdienst Dow Jones Venture Source für 2011 für den weltweiten Venture-Capital-Markt ein Volumen von 32,6 Milliarden Dollar ermittelt, zwei Drittel davon flossen in den USA. Davon gingen allein 12,6 Milliarden Dollar an Firmen im Silicon Valley. Und obwohl Deutschland die größte Volkswirtschaft in Europa ist, ist der Markt für Venture Capital in England (1,7 Milliarden Dollar) und Frankreich (eine Milliarde) größer als hierzulande (0,7 Milliarden).

Aktuell ist die IBB Bet an 62 Berliner Unternehmen beteiligt, die zusammen einen Umsatz von mehr als 130 Millionen Euro erzielen und mehr als 1500 Mitarbeiter beschäftigen. Dazu gehören nicht nur Internetunternehmen wie Tape.tv, sondern zum Beispiel auch die Firma Zimory, die Software für das Management für Clouds liefert, also für die großen Datenspeicher im Netz. Die Telekom gehört zu den Kunden. „Wir arbeiten mit unserer Software am Motor der Cloud“, sagt Geschäftsführer Ruediger Baumann. An der IBB Bet schätzt er das lokale Engagement und die Unterstützung, die sie geben kann, bei der Wahl von Rechtsanwälten oder Behördenangelegenheiten. Das Problem allerdings sei, dass es in Berlin noch zu wenig Investoren gebe, die die größeren Summen stemmen können, wenn es tatsächlich um globales Wachstum gehe.

Lutz Melchior ist Geschäftsführer der Medizintechnikfirma Optricon, die Geräte entwickelt, die Ergebnisse unter anderem von Alkohol- oder Drogentests maschinell auslesen. Bei einer Hausbank einen Kredit für ein Hochtechnologieunternehmen zu bekommen, „das gelingt sehr schwer“, sagt Melchior. Er hält die IBB auch deshalb für einen guten Investor, weil sie auch in schwierigen Phasen bei der Stange bleibe. „Und jedes Unternehmen geht durch solche Phasen“, sagt er.

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