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Wirtschaft: Verbände und Börse machen sich Mut

Deutsche Wirtschaft bleibt nach den Terroranschlägen bei ihrem Optimismus/Analysten fürchten Kettenreaktion

Berlin/Frankfurt /Düsseldorf (scc/huh/som/HB/Tsp). Die deutsche Wirtschaft bleibt trotz des Terroranschlags und der Sicherheitsbedenken in Europa bei ihrer Konjunkturzuversicht. „Ich gebe die Hoffnung auf eine leichte Konjunkturbelebung in diesem Jahr noch nicht auf“, sagte BDIPräsident Michael Rogowski dem „Handelsblatt“. Nach wie vor überwiege der Optimismus, auch wenn der starke Euro die Exporte belaste.

An den Finanzmärkten ist die Nervosität hingegen groß: „Wenn sich herausstellt, dass Al Qaida hinter den Anschlägen steckt, werden sich die Kursverluste ausweiten, und der Markt wird sich nicht so schnell berappeln“, prophezeit Kai Franke von der ING BHF-Bank. Viele Bankstrategen fürchten bei einem möglichen Al-Qaida-Hintergrund eine Kettenreaktion an den Märkten. Falls in Madrid eine neue internationale Anschlagsserie begonnen hat, könnten sich die konjunkturellen Frühindikatoren weltweit eintrüben, was wiederum die Börsen nach unten ziehen würde – ähnlich wie nach den Anschlägen am 11. September 2001. „Für die Börsianer ist ausschlaggebend, dass diese Vorgänge nicht an der Realwirtschaft vorbeigehen werden“, sagt Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz-Group.

BDI-Chef Rogowski sieht vor allem innenpolitische Gefahren für die deutsche Wirtschaft. Mache die SPD bei der Agenda 2010 eine Rolle rückwärts, „dann wird Deutschland seine hausgemachten Probleme bei Wachstum und Beschäftigung nicht lösen können“, warnte er. Der Präsident des Bundesverbands des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), Anton Börner, warnte, den Aufschwung jetzt nicht kaputt zu reden. Allerdings werde es zunehmend schwerer, den Konjunktur-Optimismus vom Jahresanfang beizubehalten. „Die abscheuliche Serie von Terroranschlägen in Spanien spielt dabei aber nur eine untergeordnete Rolle, bei aller Tragik für die Opfer und deren Angehörige“, sagte Börner dem Handelsblatt.

Verantwortlich für die wachsende Unsicherheit seien vielmehr die überaus widersprüchlichen Daten und Signale aus wichtigen Branchen und Auslandsmärkten. Als Beispiel nannte der BGA-Präsident den noch ungesicherten Aufschwung in den USA. Auch binnenwirtschaftlich, insbesondere von Seiten des Konsums, erwarte der BGA nicht viel. „Deshalb schauen wir nicht mehr so uneingeschränkt optimistisch nach vorne wie noch vor wenigen Wochen“, sagte Börner.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet nach den Anschlägen nicht mit einer Lähmung des wirtschaftlichen Lebens. „Ich bin davon überzeugt, dass die Kräfte des Marktes stärker sind und sich durchsetzen werden“, sagte VDA-Präsident Bernd Gottschalk am Sonntag in Frankfurt.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben, sieht bisher keinen Anlass, „für die deutsche Konjunktur 2004 die Flinte frühzeitig ins Korn zu werfen“. Das verarbeitende Gewerbe zeige sich infolge der Exportimpulse bemerkenswert robust. Die anziehende Weltkonjunktur belebe trotz der Eurostärke die Nachfrage nach deutschen Investitionsgütern. Allerdings bereite der hohe Ölpreis und neu aufflammende Terrorgefahren Sorge über die Nachhaltigkeit der weltwirtschaftlichen Konjunkturbelebung, sagte er dem Handelsblatt.

Börsen im Jahrestief

Aktienstrategen tun sich beim Ausblick für die neue Woche besonders schwer. Hoffnung schöpfen sie aus dem sehr erfreulichen Wochenausklang an der Wall Street, wo die großen Indizes Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq allesamt sehr freundlich schlossen. Mit Schrecken hatten Anleger zuvor registriert, dass binnen drei Tagen aus den Jahreshöchstständen Jahrestiefstände wurden, als zum Beispiel der Dax Ende vergangener Woche unter die Marke von 3 900 Punkten rutschte.

Im Fokus der Investoren steht am Montag Linde, wo der Aufsichtsrat tagt. Wichtigstes Detail ist, ob die vom Vorstand vorgeschlagene Dividende von 1,13 Euro je Aktie vom Aufsichtsrat bestätigt wird. Im Verlauf der Woche legen weitere Dax-Unternehmen Bilanzen vor: BASF am Mittwoch, Altana, Allianz und Bayer am Donnerstag. Am Mittwoch präsentiert außerdem die Münchener Rück vorläufige Zahlen für 2003.

Großes Interesse messen die Börsianer auch dem Start der Computermesse Cebit bei. Zur Eröffnung am Mittwoch haben IBM, Nokia, Sony, Lucent Technologies, Alcatel und Philips zu Pressekonferenzen geladen. Analysten werden genau beobachten, welche Neuheiten vorgestellt werden. Entsprechend dürften die Aktien unter besonderer Beobachtung stehen. Dies gilt nach den Terroranschlägen auch für Papiere aus Touristik und Luftfahrt, wie Tui oder Lufthansa, die in der Vorwoche massiv verloren hatten.

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