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Wirtschaft: Verbraucherschützer warnen vor Adressspionage

Künftig können ganz legal zu jeder Telefonnummer der Name und die Adresse des Anrufers erfragt werden – doch der Kunde kann widersprechen

Berlin - Verpasst, wie ärgerlich. Auf der Anzeige des Telefons leuchtet nur noch die Nummer des Anrufers auf. Aber, wer war das? Künftig lässt sich das herausfinden – mit einem Anruf bei einer Telefonauskunft. Wenn ein Anrufer anonym bleiben möchte und deshalb seinen Namen am Telefon nicht nennt, kann man ihn jetzt über seine Rufnummer identifizieren. Seit das neue Telekommunikationsgesetz gilt, dürfen Auskunftsdienste auf Anfrage Namen und Adresse eines Teilnehmers herausgeben, wenn man nur dessen Nummer nennt. Nach altem Recht war das Ausspionieren verboten. Aber jetzt ist diese umgekehrte Suche – Experten nennen das Inverssuche – erlaubt.

Daten- und Verbraucherschützer sehen darin einen weiteren Schritt hin zum gläsernen Verbraucher – und raten Kunden, der Inverssuche zu widersprechen. „Die Telefonnummer wird so zu einem Schlüssel zu weiteren Datenbeständen“, sagt Brandenburgs Datenschutzbeauftragter Alexander Dix. „Telefonnummern werden zu Personenkennzeichen. Sie sind aber nicht dazu gedacht, auf diese Weise entschlüsselt zu werden.“ Die technische Entwicklung ist jedoch längst über das Verbot hinweggegangen. Mit ein bisschen Computerkenntnis konnte man elektronische Verzeichnisse so manipulieren, dass man mit Nummern Namen finden konnte.

Jetzt haben Versandhäuser, Versicherungen und andere Werbetreibende ganz legal die Möglichkeit, Kundengruppen in Wohngebieten gezielt anzuschreiben, indem sie über die Rufnummern Adressen in bestimmten Gegenden finden. In etwa 50 Prozent der Fälle, schätzen Experten, stimmt die Zuordnung der Rufnummer zu einem Wohngebiet noch, auch wenn man inzwischen die Nummer beim Umzug mitnehmen kann.

Großes Interesse an der neuen Möglichkeit haben auch die Dienstleister, die die Auskünfte geben. „Die Inverssuche ist in allen europäischen Ländern Standard“, sagt eine Sprecherin von Telegate. Im Ausland seien zehn Prozent aller Nummernanfragen rückwärts suchend. Negative Erfahrungen gebe es nicht. Für die Kunden habe der Service nur Vorteile. „Die Neugier packt uns alle“, sagt die Sprecherin. Wer den Namen zur Nummer erfrage, könne sich vor unangenehmen Überraschungen beim Rückruf schützen – vor Menschen, die man gar nicht sprechen will, und vor teuren Servicenummern. Und es werde nur auf Daten zugegriffen, die es schon gibt.

Voraussetzung ist jedoch, dass die Rufnummer übertragen wird und der Kunde seine Einwilligung zur Inverssuche gegeben hat. Beidem jedoch kann der Kunde bei seiner Telefongesellschaft widersprechen. Darauf weist die Deutsche Telekom seit Beginn diesen Monats in ihren Telefonrechnungen hin. Auch wer im Telefonbuch eingetragen ist oder zugestimmt hat, dass seine Nummer bei der Auskunft und in elektronischen Verzeichnissen erfragt werden kann, kann der Inverssuche widersprechen. „Wir hätten uns gewünscht, dass diese Mitteilung separat verschickt wird“, sagt Michael Bobrowski vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Denn bei dem vielen Kleingedruckten in der Telefonrechnung könne man den Hinweis leicht übersehen.

Den Widerspruch kann man schriftlich oder per Fax kundtun. Am einfachsten ist es, eine von der Telekom speziell eingerichtete Nummer anzurufen (01375/ 103300, zwölf Cent je Verbindung). Der Anschluss, von dem aus angerufen wird, wird dann automatisch für die rückwärtige Suche gesperrt, bei ISDN-Anschlüssen werden alle drei Nummern gesperrt. Wer seinen Anschluss bei einer anderen Telefongesellschaft hat, muss dort widersprechen. Den Widerspruch kann der Kunde jederzeit einlegen. Wer aber frühzeitig widerspricht, kann davon ausgehen, dass der Widerspruch mit Einführung der Inverssuche wirksam wird. Telegate hat dafür noch keinen Termin genannt. Die Telekom will den Service frühestens Anfang September anbieten.

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