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Wirtschaft: Vermögensverwaltung: Wenn die Provisionskasse klingelt

Wenn es darum geht, sich auf Kosten des Anlegers eine goldene Nase zu verdienen, sind unseriöse Finanzvermittler äußerst findig. Beispiel Termingeschäfte: Bei diesen hochriskanten Devisen-, Waren- oder Aktienspekulationen risikiert der Kunde nicht nur, dass sich sein Einsatz in den Wettbüros des Kapitals verflüchtigt.

Wenn es darum geht, sich auf Kosten des Anlegers eine goldene Nase zu verdienen, sind unseriöse Finanzvermittler äußerst findig. Beispiel Termingeschäfte: Bei diesen hochriskanten Devisen-, Waren- oder Aktienspekulationen risikiert der Kunde nicht nur, dass sich sein Einsatz in den Wettbüros des Kapitals verflüchtigt. Mit überhöhten Transaktionsgebühren und häufigen Umschichtungen sorgen die Broker und Finanzvermittler dafür, dass vom eingesetzen Geld des Kunden so viel wie möglich in die eigene Tasche wandert.

Das System nennt sich "Churning", was in etwa mit "Buttern" übersetzt werden kann, und ist eben so simpel wie gefährlich. Der Anleger erhält die Mitteilung, dass es aufgrund geänderter Marktverhältnisse dringend an der Zeit sei, rasch das Pferd zu wechseln - und bei jedem Kauf und Verkauf klingelt beim Anbieter die Provisionskasse. Weil oftmals weit überhöhte Transaktionsgebühren verlangt werden, schmälert die Provisionsschinderei das Kapital des Kunden und damit die ohnehin fragwürdigen Gewinnchancen. Lange Zeit war das Churning vor allem in der Termingeschäftsbranche ein beliebtes Mittel, um den Kunden nach Strich und Faden auszunehmen. Doch inzwischen warnen Experten davor, dass diese Praxis auch in anderen Anlagesegmenten Einzug halten könnte. So schaffte es vor einigen Jahren ein Vermögensberater der Stuttgarter Niederlassung des Bankhauses Merrill Lynch, mit dem schnellen Kauf und Verkauf von Aktien das Guthaben eines Kunden innerhalb von fünf Jahren von 591 000 Mark auf exakt 16 100 Mark zu reduzieren. Die Klage des Kunden auf Schadenersatz läuft derzeit noch.

Bei der Vermögensverwaltung auf Fondsbasis ist ebenfalls Vorsicht geboten - schließlich funktioniert auch mit diesen Finanzprodukten das Prinzip der Provisionsmaximierung. Wenn ein Fondsvermittler seine Kunden von einem Investmentfonds in den nächsten hetzt, verdient zunächst einmal der Vermittler - denn in seine Tasche wandern rund 90 Prozent des Ausgabeaufschlags als Verkaufsprovision. Ob der Kunde die erhöhte Kostenbelastung durch den Ausgabeaufschlag mit überdurchschnittlicher Wertsteigerung ausgleichen kann, steht indessen in den Sternen.

In juristischer Hinsicht entspricht Churning dem Tatbestand der Veruntreuung - schließlich werden Provisionen klammheimlich vom Kundenguthaben abgezweigt. "Ob Churning vorliegt, ist schwer nachweisbar und in deutschen Urteilen bislang kaum erwähnt", sagt Dietmar Vogelsang, vereidigter Sachverständiger für Kapitalanlagen in Bad Homburg. Bei Schadenersatzforderungen wegen Provisionsschinderei muss hieb- und stichfest nachgewiesen werden, dass sich der Vermittler ausschließlich selbst bereichern wollte. Weil jedoch Umschichtungen zumeist mit schwer nachprüfbaren Chancen auf neue Kursgewinne begründet werden, ist die Beweisführung mit vielen Unsicherheiten behaftet.

Am wirkungsvollsten können sich Anleger schützen, indem sie die Verfügungshoheit über ihre Ersparnisse nicht einfach per Vollmacht an einen Vermögensverwalter weitereichen. Wenn sich der Berater jede Transaktion genehmigen lassen muss, kann der Kunde rasch erkennen, ob ein provisionsträchtiges Umschichtungskarussell in Gang gesetzt werden soll.

Tom Schoenenberger

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