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Wirtschaft: Versorger kommen Gaskunden entgegen

Brandenburg erwartet Einigung über strittige Preiserhöhungen/Verhandlungen offenbar erfolgreicher als Kartellverfahren

Berlin - Wenigstens die Gaskunden in Brandenburg können womöglich bald aufatmen: Nach Informationen des Tagesspiegels am Sonntag sind mehrere Versorger des Landes bereit, ihre Preiserhöhungen zumindest teilweise zurückzunehmen. Die von der Landeskartellbehörde mit den Versorgern geführten Mediationsgespräche stehen offenbar kurz vor dem Abschluss. „Mit den meisten Unternehmen sind die Gespräche bereits beendet“, erfuhr der Tagesspiegel aus dem Potsdamer Wirtschaftsministerium, zu dem die Kartellbehörde gehört. „Nur eine Hand voll sind noch offen.“ Damit scheint das Vorgehen der Brandenburger Behörde erfolgreicher zu sein als in anderen Bundesländern, die auf förmliche Kartellverfahren gesetzt haben.

Die Wettbewerbshüter in Brandenburg hatten mit 29 Stadtwerken und vier überregionalen Versorgern Verhandlungen aufgenommen, um die Unternehmen zu einer Reduktion ihrer angekündigten und teilweise schon durchgeführten Preiserhöhungen zu bewegen. Ziel der Gespräche war es, die Einleitung eines förmlichen Kartellverfahrens zu verhindern. Zu Beginn des Jahres hatten einzelne Versorger wie die EWE oder die Stadtwerke in Brandenburg an der Havel Tarifsteigerungen von bis zu 14 Prozent angekündigt.

„Wir sind guter Dinge, dass wir bald zu einer Einigung kommen“, heißt es nun im Wirtschaftsministerium. Schon im Laufe dieser Woche könnte es so weit sein. Der Abschluss der Gespräche werde „mit Sicherheit im Sinne der Verbraucher“ sein. Über konkrete Zahlen könne man aber noch nicht sprechen.

Auch Verbraucherschützer zeigen sich zuversichtlich. „Wir sind froh, dass es zu den Gesprächen gekommen ist“, sagte Hartmut Müller von der Verbraucherzentrale Brandenburg dem Tagesspiegel. Insgesamt hätten 12300 Verbraucher in Brandenburg Widerspruch gegen ihre gestiegene Gasrechnung eingelegt. Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale hat jeder dritte Versorger des Landes seine Preise rechtswidrig erhöht. „Nun sind aber offenbar einige zu einer Rücknahme bereit“, sagte Müller.

Die Unternehmen selbst äußern sich hingegen zurückhaltend. Über den Verlauf und den Stand der Mediation sei Stillschweigen vereinbart worden. „Die Gespräche sind konstruktiv“, heißt es bei der Erdgas Mark Brandenburg (EMB) lediglich. Es herrsche zwar „keine Kuschelatmosphäre“, es sei aber „angenehm“, dass das Land Brandenburg die Angelegenheit „nicht wie in anderen Bundesländern populistisch vor sich hertreibt“.

Mit ihren Mediationsgesprächen ist die brandenburgische Kartellbehörde einen anderen Weg gegangen als die meisten Bundesländer. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel hat die Kartellbehörde alle 146 Gasversorger des Landes untersucht – bisher ohne Ergebnis. Nun will man sich 20 Unternehmen näher anschauen. In Baden-Württemberg haben die Wettbewerbshüter acht förmliche Verfahren durchgeführt – und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Preiserhöhungen der Versorger rechtens waren. In Berlin wiederum wurde überhaupt keine Untersuchung eingeleitet.

Darüber hinaus sind beim Bundeskartellamt noch vier Verfahren anhängig, die sich anders als bei den Landesbehörden nicht gegen regionale, sondern gegen größere Versorger richten. Wann eine Entscheidung ansteht, ist allerdings offen. Insgesamt untersuchen das Bundeskartellamt und die Landesbehörden derzeit die Preisgestaltung von 110 der 700 deutschen Gasversorger.

Parallel dazu sind Tausende von Kunden dem Aufruf von Verbraucherschutzverbänden gefolgt, Preiserhöhungen vorerst nicht zu bezahlen. So haben in Hamburg 52 Kunden von Eon Hanse die bundesweit erste Sammelklage gegen eine Gaspreiserhöhung eingereicht. Ihr Ziel: Das Gericht soll feststellen, dass die Verbraucher die erhöhten Preise nicht zahlen müssen. Zudem soll das Unternehmen dazu bewegt werden, seine Kalkulation offen zu legen. In Heilbronn hatte eine ähnliche Einzelklage bereits Erfolg. Das dortige Amtsgericht gab der Beschwerde eines Verbrauchers in vollem Umfang statt. Die Preiserhöhung des örtlichen Gasversorgers sei „unbillig und unwirksam“.

Viele Kunden schöpfen nach dieser Entscheidung neue Hoffnung. „Die Versorger müssen jetzt endlich Klarheit über ihre Preise schaffen“, sagte Verbraucherschützer Müller. „Auf welchem Weg wir dahin kommen – ob über Gerichte, Kartellverfahren oder Mediationsgespräche – ist eigentlich egal.“

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