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Wirtschaft: Viele Euro-Länder rechnen falsch

Eurostat bestätigt falsche Defizitzahlen aus Athen – und muss diese auch bei anderen Staaten korrigieren

Berlin - Nach den massiven Korrekturen der Defizitangaben aus Griechenland werden Forderungen nach Veränderungen lauter. „Wir müssen das System jetzt verbessern“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Joaquin Almunia am Donnerstag. Eurostat hatte zuvor bestätigt, dass Griechenland über mehrere Jahre falsche Zahlen zu seinem Haushaltsdefizit nach Brüssel gemeldet hat. Die EU-Statistikbehörde Eurostat kündigte an, auch die griechischen Daten von 1997 bis 1999 unter die Lupe nehmen, die Grundlage für die Aufnahme in die europäische Währungsunion waren.

Nun steht akut zur Diskussion, wie man das System verbessern kann: Denn die Griechen sind nicht die Einzigen, die unkorrekte Zahlen geliefert haben. Auch Frankreich, Portugal, Spanien, Italien und Österreich waren in den vergangenen Jahren von Eurostat bereits gerügt worden und mussten ihre Zahlen nach oben korrigieren, sagte ein Eurostat-Sprecher dem Tagesspiegel. Frankreich etwa musste 2002 das Defizit von 3,0 auf 3,1 Prozent erhöhen – eine heikle Sache, da bei einer Neuverschuldung von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes die Obergrenze des Stabilitätspaktes liegt. Überschreitet ein Staat diese Grenze, darf die Kommission ein Defizit-Strafverfahren einleiten.

Paris hatte staatliche Kapitalspritzen an den französischen Eisenbahnnetztbetreiber von 1999 bis 2002 aus dem Defizit herausgerechnet – das ist unzulässig. Portugal wiederum hatte 2002 die Erlöse aus dem Verkauf eines staatlichen Wirtschaftsentwicklungsfonds eingerechnet, um sein Defizit geringer ausfallen zu lassen. Also korrigierte Eurostat die Zahl von 2,6 auf 2,7 nach oben. Auch im Fall von Griechenland hatte es bereits mehrere solcher kleineren Korrekturen gegeben. Jedoch wusste das Amt nichts von der Lücke, die tatsächlich bestand und die jetzt ans Tageslicht kam, nur weil eine neue Regierung ins Amt kam.

„Wir bekommen aus den Ländern nur einige Tabellen“, heißt es bei Eurostat. Das Amt habe weder die Befugnis, noch das Personal, die Zahlen in den Hauptstädten hundertprozentig nachzuprüfen. „Wir können vor allem Fragen stellen, wenn uns Ungereimtheiten auffallen.“ Bei der Kommission sieht man jetzt mehrere Varianten für bessere Kontrollen: eine Audit-Abteilung, die bei Eurostat angesiedelt wäre und die nationalen Angaben überwacht, oder wechselseitige Kontrollen der Mitgliedsländer untereinander. Dann könnten beispielsweise Mitarbeiter vom Statistischen Bundesamt nach Portugal fahren und Zahlen prüfen, wenn der Ministerrat dies beschließt.

Die Mitgliedstaaten, inklusive Finanzminister Hans Eichel, fordern jetzt mehr Transparenz und beauftragten die Kommission, dazu neue Vorschläge zu erarbeiten. Allerdings würden die Staaten dann wieder ein Stückchen Macht aus der Hand geben müssen. In letzter Zeit haben sie sich dagegen massiv gewehrt.

Flora Wisdorff

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