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Vierländerbörse: Deutsche Börse kämpft um Euronext

Bei der Neuordnung der europäischen Börsenlandschaft kämpft die Deutsche Börse um ihre angestrebte Fusion mit der Vierländerbörse Euronext und ist zu deutlichen Zugeständnissen bereit.

Frankfurt/Main - Im Falle eines Zusammenschlusses würde Paris in der Satzung als "Zentrale des europäischen Aktienhandelsgeschäfts" verankert, wie die Deutsche Börse am Freitag mitteilte. Der Hauptsitz der neuen Dachgesellschaft soll in Amsterdam liegen, die Hauptverwaltung in Frankfurt angesiedelt werden.

Damit reagiert die Deutsche Börse auf zunehmende Spekulationen, wonach die New York Stock Exchange (NYSE) die Euronext übernehmen könnte. Zuvor war bereits die US-amerikanische Technologiebörse NASDAQ in London eingestiegen, die ursprünglich einmal Übernahmeziel der Frankfurter war.

Nach den Plänen der Deutschen Börse soll der Aktienhandel zwar von Paris aus geleitet werden, die nationalen Standorte wie Frankfurt aber nicht aufgegeben werden. Die umsatzstärkeren Termingeschäfte sollen weiter in Frankfurt und London angesiedelt sein. Auch das wichtige Abwicklungsgeschäft (Clearstream) mit Sitz in Luxemburg soll Teil des Konzerns bleiben. Dagegen hatten Euronext-Aktionäre gefordert, vor einer Fusion müsse die Deutsche Börse ihre Tochter Clearstream abspalten, damit eine Fusion unter gleich großen Partnern möglich werde. Lediglich ein Teil des Clearings (Abrechnung) ausschließlich für den Aktienhandel soll möglicherweise in eine "unabhängig und privatwirtschaftlich betriebene" Organisation eingebracht werden.

Ein konkreter Kaufpreis oder die Modalitäten eines Aktientauschs wurden nicht genannt. Allerdings hieß es, dass freie Mittel während oder unmittelbar nach der Fusion an die Aktionäre ausgeschüttet werden könnten. Der Aktienkurs legte zeitweise um mehr als sieben Prozent auf 115,17 Euro zu. Die Fusion würde für die Aktie der Deutschen Börse voraussichtlich das Aus im wichtigsten deutschen Index DAX bedeuten. Denn nach den eigenen Regeln der Börse darf eine Gesellschaft nur dann Mitglied im Leitindex sein, wenn ihr Sitz in Deutschland liegt.

Angesichts der bevorstehenden Hauptversammlungen von Deutscher Börse und Euronext in der kommenden Woche warben die Frankfurter für einen "Zusammenschluss unter Partnern". "Es entstünde ein europäischer Marktführer, der auf globaler Ebene konkurrenzfähig wäre", hieß es in einer Mitteilung. Der Zusammenschluss würde auch beträchtliche Effizienzgewinne für die Kunden bringen.

Obwohl der für den Aktienhandel zuständige Vorstand des neuen Konzerns dann seinen Sitz in Paris hätte, würde der Frankfurter Wertpapierhandel erhalten bleiben. Bereits bei der Bildung der Vierländerbörse Euronext war ein einheitlicher Konzern entstanden, trotzdem gibt es weiterhin einzelne Börsen in Paris, Amsterdam, Brüssel und Lissabon.

Die Fusion der beiden Börsengiganten wäre eine der größten Transaktionen unter Börsen. Der Marktwert der beiden Unternehmen liegt bei rund 20 Milliarden Euro. Sollte sich die Euronext dagegen für einen Zusammenschluss mit der NYSE entscheiden, hätte sie mit Euronext/NYSE und London/NASDAQ gleich zwei transatlantische Börsen als Konkurrenz.

Die Deutsche Börse hatte unter ihrem früheren Chef Werner Seifert versucht, die Londoner Börse LSE zu kaufen. Damit war er allerdings im vergangenen Jahr am Widerstand der eigenen Aktionäre, darunter auch so genannte Hedgefonds, gescheitert und wurde abgelöst.

Der künftige Vorstand der fusionierten Gesellschaft soll paritätisch besetzt und zunächst von den Chefs beider Unternehmen geführt werden, hieß es im Vorschlag aus Frankfurt. Nach einer Übergangsfrist solle der Vorstandschef der Deutschen Börse, Reto Francioni, allein die Führung übernehmen. Der Aufsichtsratsvorsitzende solle von der Deutschen Börse gestellt werden. (tso/dpa)

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