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Wirtschaft: Volles Risiko mit Hedge-Fonds

"Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Banker oder Finanzberater" - diese der Arzneimittelwerbung entliehene Empfehlung sollte sich jeder Anleger zu Herzen nehmen, wenn er sich für Hedge-Fonds interessiert.Dabei klingt das Etikett dieses Fondstyps durchaus beruhigend.

"Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Banker oder Finanzberater" - diese der Arzneimittelwerbung entliehene Empfehlung sollte sich jeder Anleger zu Herzen nehmen, wenn er sich für Hedge-Fonds interessiert.

Dabei klingt das Etikett dieses Fondstyps durchaus beruhigend."Hedging", aus dem Englischen übersetzt, bedeutet nämlich das Absichern von offenen Geschäfts- oder Vermögenspositionen - zum Beispiel, wenn ein Unternehmer den Kurs seiner Währungsverbindlichkeiten durch Termingeschäfte festschreibt oder der Kurswert einer größeren Aktienposition durch den Kauf eines entsprechenden Optionsscheins oder einer Option abgesichert wird.Doch mit dieser Art der Anlage haben die Manager von Hedge-Fonds wenig im Sinn: Sie spekulieren mit dem ihnen anvertrauten Geld, was das Zeug hält.Dabei gehen sie bewußt hohe Risiken ein, um für ihre Anteilseigner überdurchschnittlich hohe Gewinne zu erzielen.Das geht an den Kapitalmärkten am besten und am schnellsten durch den Einsatz von Derivaten: Swaps, Termin- und Optionsgeschäfte.Diese sind durchaus als Versicherung gegen Wertschwankungen einsetzbar.

Hedge-Fonds wie der in der vergangenen Woche vor der Pleite gerettete Hedge-Fonds LTCM setzen diese Geschäfte aber rein spekulativ ein.Sie kaufen zum Beispiel Fremdwährungsanleihen per Termin und wetten damit auf kurzfristig fallende Zinsen oder einen steigenden Wechselkurs.Tritt die erhoffte Entwicklung ein, kann sich der Lohn der Angst sehen lassen.Traumrenditen von 40 Prozent in einem Jahr sind bei Hedge-Fonds locker drin.Liegt das Fondsmanagement mit seiner Meinung allerdings daneben, werden Derivate zum Alptraum: Bei Termingeschäften läßt sich nämlich mit einem verhältnismäßig geringen Kapitaleinsatz ein sehr viel größeres Anlagevolumen bewegen.Denn nur ein Bruchteil des abgeschlossenen Kontraktwertes wird angezahlt.Bei einer Fehlspekulation geht deshalb der Verlust in vielen Fällen weit über das eingesetzte Kapital hinaus.

Den zusätzlichen Kick erzielen die Hedge-Fonds dadurch, daß sie einen Teil ihrer Engagements auf Kredit finanzieren.Dadurch läßt sich die Rendite ganz enorm aufpolieren, allerdings steigt auch das Risiko überproportional an.Problematisch daran ist der mögliche Dominoeffekt: Nicht nur, daß durch die Fondspleite die größtenteils gut betuchten Anteilseigner ihr Geld verlieren, auch die Gläubiger der Kredite - größtenteils Banken - geraten in finanzielle Schwierigkeiten.

In Deutschland sind Hedge-Fonds verboten.Deutsche Anleger können sie freilich im Ausland kaufen.Außerdem sind seit Frühjahr diesen Jahres in Deutschland auch Dachfonds zugelassen, die ihre Mittel in andere Fonds anlegen können - auch Hedge-Fonds.Die Unterschiede von einem Hedge-Fonds beispielsweise zu einem Aktienfonds deutscher Herkunft sind gewaltig: Hedge-Fonds unterliegen praktisch keinen Regeln oder Anlagegrundsätzen - etwa welches Risiko sie maximal eingehen dürfen oder wie sie ihre Anlagemittel zu verteilen haben.Auch der Anlegerschutz bleibt in vielen Fällen auf der Strecke.Eine Kontrolle durch das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen findet nicht statt.

Ganz verteufeln darf man die Spekulationsfonds allerdings nicht.Kapitalmarktforscher haben nämlich herausgefunden, daß die Beimischung eines Hedge-Fonds zu einem gut bestückten Portfolio aus Aktien und Renten die Rendite hebt, ohne daß das Risiko steigt.

PETER HEIN (tsp)

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