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Biodiesel

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Biodiesel: Von der Zukunftsfabrik zur Millionenruine

Vielen Biodiesel-Herstellern droht mit der anstehenden Steuererhöhung das Aus. Hilfe durch die Politik ist kaum noch zu erwarten. Die Zeit wird knapp für die Alternative zum Öl.

Berlin - Die deutsche Biosprit-Industrie kann sich kaum noch Hoffnung auf Hilfe durch die Bundesregierung machen. Nach Informationen des Tagesspiegels aus Koalitionskreisen gilt es als unwahrscheinlich, dass die nächste Besteuerungsstufe für Biodiesel ausgesetzt wird, wie von der Branche mit Unterstützung von Umweltpolitikern der Union und Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) gefordert.

„Schon jetzt arbeiten viele Firmen in Kurzarbeit, die Hütte brennt“, sagte Frank Brühning, Sprecher des Verbands des Deutschen Biokraftstoffindustrie. Mit der nächsten Erhöhung drohe vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen das Aus. Die Branche trifft sich heute und morgen zu einem internationalen Kongress in Berlin.

Der Bundestag hatte im vergangenen Jahr eine Besteuerung von Biosprit beschlossen - auch, um eine Überförderung der Öko-Treibstoffe zu vermeiden, die nicht so klimaschonend sind wie lange gedacht. Seit August 2006 gehen daher neun Cent pro Liter Biodiesel an den Fiskus. In jährlichen Stufen sollen weitere Erhöhungen um je sechs Cent pro Liter folgen, die erste am 1.1.2008 bringt der Staatskasse nach Angaben aus Unionskreisen zwischen 180 und 250 Millionen Euro. 2012 gilt dann ein Steuersatz von 45 Cent pro Liter – und damit eine ähnliche Größenordnung wie bei fossilen Kraftstoffen. Um die nächste Besteuerungsstufe rechtzeitig zum Jahreswechsel zu kippen, müsste der Bundestag noch in der anstehenden Haushaltswoche einen entsprechenden Beschluss fassen. Falls nicht, erhöht sich die Steuer 2008 planmäßig auf 15 Cent pro Liter.

„Aus Sicht der Finanzpolitiker stellt sich die Frage nach einer einmaligen Aussetzung der nächsten Steuerstufe nicht“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Leo Dautzenberg, Obmann der AG Finanzen, dem Tagesspiegel. „Sonst könnte man die Erhöhung auch gleich ganz aussetzen.“ Die Branche stehe in den kommenden Jahren vor vergleichbaren Problemen wie derzeit.

Die Bundesregierung subventioniert die Branche andererseits durch den Beimischungszwang von Biodiesel zu fossilen Treibstoffen. Der Anteil soll, wie gerade angekündigt, bis 2010 von fünf auf zehn Prozent erhöht werden. Künftig hängt die Förderung allerdings davon ab, ob die Rohstoffe nachhaltig und klimaschonend angebaut worden sind.

Die massive Subventionierung der Regierung – allein 2006 rund zwei Milliarden Euro – war einer der Gründe, warum die Industrie ihre Kapazitäten in der Vergangenheit kräftig ausgeweitet hatte. Unterschätzt hatten die Produzenten aber die steigenden Rohstoffpreise für Raps- und Sojaöl (wegen der wachsenden Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion) sowie die Folgen der Steuergesetzgebung.

Die Folge: nachlassende Konkurrenzfähigkeit. Nach Angaben des Bundesverbandes Biogene und regenerative Kraft- und Treibstoffe bestreiten große Mineralölkonzerne ihre Beimischungspflicht inzwischen zu 90 Prozent mit Billig-Importen. Der Absatz deutscher Hersteller ging dagegen dramatisch zurück. Teile der Anlagen sind stillgelegt, die Aktienkurse von Firmen wie Verbio, BDI Biodiesel oder Biopetrol kräftig gefallen. Aus den ehemaligen Zukunftsfabriken drohen Millionenruinen zu werden.

Katherina Reiche, Vize-CDU-Fraktionschefin im Bundestag, wirft Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) vor, die Biokraftstoffindustrie unnötig unter Druck zu setzen. „In Deutschland gehen durch das Nichthandeln des Finanzministers Kapazitäten verloren, weil kleinere Raffinerien ihre Produktion runterfahren“, sagte sie dem Tagesspiegel. Steinbrück hätte schon im Sommer einen „Biokraftstoffquotenbericht“ vorlegen müssen, um die Lage der Industrie nach der Änderung der Besteuerung einschätzen zu können. Der Minister habe dies aber nicht getan. „Steinbrück hat offenbar Angst vor Zahlen und unangenehmen Wahrheiten“, sagte sie.

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