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VW-Affäre: Betriebsräte verteidigen Mitbestimmung

Politiker und Betriebsräte haben trotz der Korruptionsaffäre beim VW-Konzern das traditionelle Modell der Arbeitnehmervertretung verteidigt. Die FDP hatte zuvor eine Abschaffung der paritätischen Mitbestimmung gefordert.

Wolfsburg (06.07.2005, 14:46 Uhr) - «Wer solche Einzelfälle dafür nutzen will, künftig gegen die Interessen der Arbeitnehmer im Unternehmen schalten und walten zu können, gefährdet den sozialen Frieden in den Betrieben», sagte der Konzernbetriebsratschef des Autobauers DaimlerChrysler, Erich Klemm, den «Stuttgarter Nachrichten». Auch der neue starke Mann im VW-Betriebsrat, Bernd Osterloh, hatte Versuche scharf kritisiert, die Arbeitnehmervertretung zu schwächen.

Niedersachsens SPD-Landeschef Wolfgang Jüttner sagte am Mittwoch, wenn sich ein Gewerkschafter Fehlverhalten zu Schulden kommen lasse, sei es falsch, anschließend das System der Mitbestimmung an sich in Frage zu stellen. «Wenn ein Unternehmer in die Kasse greift, wird ja auch nicht der Kapitalismus an sich in Frage gestellt.» Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hatte am Dienstag gesagt, eine Grundsatzdebatte über Gewerkschaften und die Mitbestimmung in Unternehmen sei fehl am Platze.

Dagegen forderte der stellvertretende FDP-Chef Rainer Brüderle am Mittwoch erneut eine Reform der paritätischen Mitbestimmung. Bei VW habe sich eine Grauzone jenseits des Aktienrechts entwickelt, in der sich Manager und Gewerkschafter offensichtlich über Bezüge, Sondervergütungen und Prämien arrangierten, sagte Brüderle im DeutschlandRadio.

Klemm sagte, wenn es in Einzelfällen wie bei VW zu Verfehlungen gekommen sei, müsse dies aufgeklärt und abgestellt werden. Er betonte, das tausende Betriebsräte in deutschen Unternehmen bei der Interessensvertretung ihrer Kollegen auch Nachteile in Kauf nähmen.

Der Nachfolger des zurückgetretenen VW-Betriebsratschefs Klaus Volkert, Bernd Osterloh, hatte nach seiner Wahl zum neuen Betriebsratsvorsitzenden des Werks Wolfsburg am Dienstagabend erklärt, er übernehme das Amt in einer Zeit, die vermutlich die «härteste Belastungsprobe» für Betriebsratsarbeit bei VW bedeute. An diesem Mittwoch soll Osterloh zum neuen Chef des VW- Gesamtbetriebsrats gewählt werden, später dann auch zum Vorsitzenden des Konzernbetriebsrates.

Nach Ansicht des Frankfurter Oberstaatsanwalts Wolfgang Schaupensteiner zeigt die VW-Korruptionsaffäre die dringende Notwendigkeit von Transparenzklauseln in Managerverträgen. Unternehmen sollten ihre führenden Mitarbeiter regelmäßig verpflichten, sämtliche privaten Beteiligungen und unternehmerische Tätigkeiten offen zu legen, sagte der Korruptionsermittler am Mittwoch der dpa in Frankfurt. Die Firma könne dann prüfen, ob die privaten Geschäfte ihrer Mitarbeiter und selbst ihrer Angehörigen zu Interessenkonflikten führen könnten. Schaupensteiner wandte sich gegen den seiner Meinung nach falschen Eindruck, dass öffentlich kontrollierte Unternehmen wie VW besonders korruptionsanfällig seien.

Unterdessen arbeiten VW, unabhängige Wirtschaftsprüfer und die Staatsanwaltschaft Braunschweig weiter mit Hochdruck an der Aufklärung der Korruptionsvorwürfe im VW-Konzern.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen den Ex-Skoda- Personalchef Helmuth Schuster und einen seiner Mitarbeiter wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue. Sie sollen Gelder, die eigentlich VW oder der tschechischen VW-Tochter Skoda zugestanden haben, über ein «Firmengeflecht» auf eigene Konten umgeleitet haben. Außerdem soll Schuster Schmiergeld von Zulieferern verlangt haben. (tso)

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