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VW-Hauptversammlung: Piëch gesteht erstmals Fehler

Volkswagen-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch hat seine damalige Wahl des Konzernchefs Bernd Pischetsrieder offen als Fehlentscheidung bezeichnet. Die Aktionäre warfen ihm vor, die Regeln der guten Unternehmensführung verletzt zu haben.

Hamburg - Piëch äußerte sich erstmals öffentlich zu dem von ihm betriebenen Wechsel an der VW-Vorstandsspitze. Er bezeichnete die Berufung von Bernd Pischetsrieder zum Vorstandschef und damit zu seinem Nachfolger ab 2002 als Fehlentscheidung. Er habe damals Hemmungen gehabt, den jetzigen Vorstandschef Martin Winterkorn an die VW-Spitze zu holen, weil er ihm "menschlich und fachlich" nahe stehe. "Zu spät habe ich erkannt, den Falschen gewählt zu haben. Das habe ich mit Mühe im vergangenen November korrigiert." Konkrete Gründe nannte er nicht. Der Piëch-Vertraute Winterkorn ist seit Anfang 2007 Vorstandschef.

Kleinaktionäre äußerten scharfe Kritik. Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker, sagte, die "Entlassung" Pischetsrieders sei "katastrophal" gewesen. Sein Vertrag war erst einige Monate zuvor verlängert worden.

Hocker und andere Aktionärsschützer kritisierten zudem Interessenkonflikte wegen der Doppelrolle Piëchs als VW-Aufsichtsratschef und Miteigentümer des größten VW-Aktionärs Porsche. Die Regeln der guten Unternehmensführung, der Corporate Governance Kodex, würden erheblich verletzt. Die Kritik an Piëch fiel aber insgesamt nicht so scharf aus wie bei dem Aktionärstreffen 2006.

Wiederwahl gilt als sicher

Trotz der verbalen Attacken von Aktionärsschützern bleibt der umstrittene Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch der starke Mann bei Volkswagen. Auf der Hauptversammlung stand seine Wiederwahl in den Aufsichtsrat für weitere fünf Jahre außer Frage. Bei einer anschließenden Sitzung des Kontrollgremiums soll Piëch zum Vorsitzenden wiedergewählt werden.

Die Wiederwahl Piëchs in den Aufsichtsrat gilt als ungefährdet, weil die beiden VW-Hauptaktionäre, Porsche und das Land Niedersachsen, für ihn votieren wollen. Das Land Niedersachsen hatte erst im Februar seinen Widerstand gegen eine weitere Amtszeit Piëchs aufgegeben. Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Christian Wulff (CDU) hatte lange gefordert, dass sich Piëch aus dem Kontrollgremium zurückziehen solle. Auch Wulff war die Doppelfunktion von Piëch ein Dorn im Auge.

Bei VW gebe es eine "anerkannt grottenschlechte Corporate Gouvernance", schimpfte DSW-Hauptgeschäftsführer Hocker. Der Vorsitzende der Vereinigung institutionelle Privatanlager, Hans-Martin Buhlmann, sagte, der Kodex gelte auch für Piëch und seine Familie. Für Hans-Christoph Hirt vom britischen Pensionsfonds Hermes wirft die Ablösung Pischetsrieders erhebliche Fragen hinsichtlich der Corporate Governance bei VW auf. Der Verbleib Piëchs im Aufsichtsrat sei wegen seiner Interessenkonflikte nicht im Interesse von VW. Hirt erinnerte daran, dass Piëch die Porsche Holding gehöre, eine große österreichische Automobilhandelsgesellschaft, die vor allem VW-Autos vertreibt.

Winterkorn will bessere Ergebnisse

Piëch dagegen sagte, VW habe alle Empfehlungen der Corporate Governance umgesetzt. Er dankte Pischetsrieder für die geleistete Arbeit - und bekam dafür großen Applaus. Pischetsrieder und der frühere VW-Markenchef Wolfgang Bernhard hatten eine harte Sanierung bei der Marke VW eingeleitet, die anders als Audi und die Finanzdienstleistungssparte in den vergangenen Jahren große Ertragsprobleme hatte.

Der neue Vorstandschef Winterkorn erntet nun die Früchte. Dank eines Absatzrekordes startete der VW-Konzern mit einem Gewinnsprung in den ersten drei Monaten ins Jahr. Volkswagen müsse aber seine Wettbewerbsfähigkeit weiter steigern, sagte Winterkorn. "Wir sehen uns nach wie vor mit einem harten Wettbewerb und einem enormen Preisdruck konfrontiert." Es werde auch 2007 eine der Hauptaufgaben von Volkswagen sein, Auslastung und Produktivität weiter zu steigern. Winterkorn bekräftigte das Ziel, 2008 das Ergebnis vor Steuern auf mindestens 5,1 Milliarden Euro zu steigern. 2006 lag dieses bei rund 1,8 Milliarden Euro. (tso/dpa)

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