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VW-Prozess: Ex-Betriebsratschef Volkert muss ins Gefängnis

Urteil im Volkswagen-Korruptionsprozess: Der frühere Betriebsratschef Klaus Volkert muss für fast drei Jahre ins Gefängnis. Ex-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer kommt mit einer Bewährungsstrafe davon. Die Verteidigung kündigte die Revision an.

Der frühere Betriebsratschef Klaus Volkert muss wegen seiner tiefen Verstrickung in die VW-Korruptionsaffäre für fast drei Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht Braunschweig verurteilte Volkert zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Der 65-Jährige habe sich über einen langen Zeitraum in hohem Maße persönlich bereichert. Der einst zu den mächtigsten Männern im Wolfsburger Konzern zählende Volkert hatte zehn Jahre lang von Ex-VW-Arbeitsdirektor Peter Hartz Sonderzahlungen in Höhe von fast zwei Millionen Euro bekommen. Außerdem habe die Ex-Geliebte Volkerts auf dessen Drängen hin Geld von Volkswagen ohne Gegenleistung kassiert. Der frühere VW-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer wurde zu einer Strafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

Die Verteidiger kündigten an, Revision einzulegen. "Die Entscheidung der Kammer wird nicht das letzte Wort sein", sagte der Verteidiger Volkerts, Johann Schwenn. Er sprach mit Blick auf das Urteil gegen Hartz von einem "krassen Fall von Zweiklassen-Strafjustiz". Volkert und Hartz seien ungleich behandelt worden. Hartz war im Januar 2007 nach einem umstrittenen Deal mit der Justiz wegen Untreue zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von 576.000 Euro verurteilt worden. Die Verteidiger Volkerts und Gebauers hatten in allen Hauptanklagepunkten Freisprüche verlangt.

Volkert und Gebauer gelten als Schlüsselfiguren in der VW-Affäre um Lustreisen auf Firmenkosten und Schmiergeldzahlungen, die im Sommer 2005 ins Rollen gekommen war. Volkert wurde wegen Beihilfe und Anstiftung zur Untreue und zur Betriebsratsbegünstigung verurteilt. Die Vorsitzende Richterin Gerstin Dreyer sagte, Volkert habe gewusst, dass für seine Bezüge eine eigens zur Gehaltsfestsetzung für Betriebsräte geschaffene Kommission zuständig war. Er habe diese bewusst umgangen. "Der Angeklagte wusste, dass er die Zahlungen nur deshalb erhielt, weil er Betriebsratsvorsitzender war."

"Vermögensschaden" für VW durch Sonderboni

Dabei spiele es überhaupt keine Rolle, welchen Wert seine Arbeit für VW hatte. Volkert hatte argumentiert, er habe die Zahlungen erhalten, weil er mit seiner Arbeit als Betriebsratschef wichtige und "wertschöpfende" Aufgaben im Interesse des Unternehmens erfüllt habe.

Durch die Sonderboni an Volkert sei VW ein "Vermögensschaden" entstanden, sagte Dreyer. Es komme nicht darauf an, welche wirtschaftlichen Vorteile Volkerts Arbeit möglicherweise für den Autokonzern hatte. Volkert habe zudem gewusst, dass seine brasilianische Ex-Geliebte nur zum Schein einen Vertrag bei VW gehabt habe, aber keine Gegenleistung dafür erbrachte. Volkert und seine Ex-Geliebte hatten auch Privatreisen auf VW-Kosten unternommen, Volkert hatte zudem die Dienste von Prostituierten in Anspruch genommen.

Gebauer wurde wegen Untreue und Anstiftung zur Untreue sowie Begünstigung eines Betriebsrats verurteilt. Der 63-Jährige hatte Lustreisen, Sexpartys und Geschenke auf VW-Kosten organisiert, nachdem Hartz ihn aufgefordert hatte, die Spitze der Betriebsräte "großzügig" zu behandeln, um sich das Wohlwollen Volkerts bei wichtigen Entscheidungen zu sichern. Gebauer hatte etwa Reisen über "Eigenbelege" ohne jegliche Kontrolle abgerechnet. Zudem habe auf Gebauers Initiative dessen damalige Geliebte einen Job bei der VW-Tochter Skoda bekommen - ohne Gegenleistung.

Prostituierte und Privatreisen

Die Richterin sagte, auch Gebauer habe sich persönlich bereichert und "eigene Annehmlichkeiten" genossen. So habe er Prostituierte besucht und Privatreisen auf VW-Kosten unternommen. Auf der anderen Seite aber ist Gebauer aus Sicht des Gerichts finanziell ruiniert. Gebauers Verteidiger Wolfgang Kubicki sagte, er wolle in Revision gehen. "Ich kann Untreue nicht akzeptieren." Gebauer habe nur auf Anweisung gehandelt. Kubicki sagte zudem, er prüfe eine mögliche Schadenersatzklage gegen VW, weil der Autobauer die Betriebsrente Gebauers gestrichen habe. Gebauer war fristlos gekündigt worden, damit entfiel der Anspruch auf Betriebsrente.

Die Staatsanwaltschaft zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. "Wir sehen uns bestätigt", sagte Sprecher Klaus Ziehe. Die "Schmerzgrenze" für die Staatsanwaltschaft wäre eine Bewährungsstrafe gewesen. Ziehe wies die Kritik der Verteidigung an einer "Zweiklassen-Justiz" zurück. Mit Blick auf Hartz und Volkert sagte er, derjenige, der nehme, werde immer härter bestraft als derjenige, der gebe. Die Staatsanwaltschaft hatte für Volkert eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten gefordert. Für Gebauer hielt die Anklage ein Jahr und acht Monate für angemessen.

Nachdem die Verteidigung Revision eingelegt hat, muss dies vom Bundesgerichtshof (BGH) geprüft werden. Die Entscheidung liegt nach Auskunft des Landgerichts beim 5. BGH-Senat in Leipzig. Möglich ist eine Bestätigung oder eine Aufhebung des Urteils. (mpr/dpa)

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