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Mieter müssen nicht mehr immer Schönheitsreparaturen durchführen.

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Neue Regeln für Vermieter: Wann Mieter Schönheitsreparaturen durchführen müssen

Nur wer in eine renovierte Wohnung zieht, muss künftig noch Schönheitsreparaturen vornehmen. Manche Mieter können nun Geld zurückfordern.

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Die Wohnungssuche in Berlin dauert oft Wochen, wenn nicht sogar Monate. Wer dann etwas Passendes gefunden hat, ist überglücklich und unterschreibt den Mietvertrag so schnell wie möglich. Zieht man nach Jahren wieder aus, gibt es dann allerdings häufig Streit mit dem Vermieter. In welchem Zustand muss man die Wohnung hinterlassen? Reicht es, die Löcher in der Wand zu verspachteln, oder muss man die Wohnung auch noch komplett streichen?

Für ein Pärchen aus Berlin war die Sache klar – dachten sie zumindest. Als sie 2002 in die Wohnung zogen, war sie unrenoviert. Drei Zimmer haben die beiden damals selbst gestrichen. Deshalb gingen sie davon aus, beim Auszug die Wände nicht noch mal streichen zu müssen. Doch ihr Vermieter sah das anders und verlangte Schadenersatz – schließlich seien Schönheitsreparaturen laut Mietvertrag vorgeschrieben. Das Paar wehrte sich und ging zum Anwalt. Jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) ihren Fall geklärt: Die beiden müssen nicht zahlen. Das Urteil ist wegweisend und stärkt maßgeblich die Rechte der Mieter.

DIE UNRENOVIERTE WOHNUNG

Wer seine Wohnung unrenoviert übernommen hat, muss künftig beim Auszug keine Schönheitsreparaturen mehr vornehmen. Und zwar auch dann nicht, wenn im Mietvertrag etwas anderes steht. Die entsprechenden Klauseln, die Vermieter in der Vergangenheit häufig in die Mietverträge geschrieben haben, sind laut BGH-Urteil ungültig. Auch darf der Vermieter in einem solchen Fall keinen Schadenersatz für die unterlassene Renovierung verlangen. „Hiervon werden hunderttausende Mieter profitieren“, heißt es beim Mieterbund.

Erklärt das Gericht eine Klausel im Mietvertrag für unwirksam, gilt an ihrer Stelle die gesetzliche Regelung. Und laut dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist für Schönheitsreparaturen grundsätzlich der Vermieter zuständig. Dass das in der Vergangenheit in der Praxis anders war, lag daran, dass die Vermieter ihre Pflicht auf ihre Mieter abgewälzt haben – indem sie entsprechende Klauseln in die Mietverträge geschrieben haben. Doch das wird nach dem BGH-Urteil jetzt schwieriger.

Hinter der Entscheidung der Richter in Karlsruhe steht der Gedanke, dass Mieter die Wohnung nicht besser zurückgeben müssen, als sie sie bekommen haben. So haben viele Vermieter in der Vergangenheit zum Beispiel beim Mieterwechsel nur die Wände streichen lassen, nicht aber Türen, Fenster oder Heizkörper. Letzteres haben sie beim Auszug aber von ihren Mietern verlangt. So etwas geht nach der neuen Rechtsprechung nicht mehr.

DIE RENOVIERTE WOHNUNG

Dennoch kommen auch künftig nicht alle Mieter um die Schönheitsreparaturen herum. Wer in eine vollständig renovierte Wohnung zieht, muss sie weiterhin erbringen. Mieter müssen dann vor allem die Zeichen der Abnutzung beseitigen: Das sind zum Beispiel Ränder um Bilderrahmen an den Wänden im Wohnzimmer oder Fettablagerungen überm Herd in der Küche. Weil Vermieter auf der sicheren Seite sein wollen, vermuten Experten, dass künftig noch mehr Wohnungen renoviert vermietet werden.

In einem solchen Fall muss sich der Mieter weiterhin an die vorgeschriebenen Fristen für die Schönheitsreparaturen halten: Die meisten Mietverträge sehen vor, dass Mieter Küche und Bad nach drei Jahren, den Flur sowie Wohn- und Schlafzimmer nach fünf Jahren und Nebenräume nach sieben Jahren streichen müssen. Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund geht allerdings davon aus, dass der BGH diese Fristen langfristig ausdehnen könnte. „Die Fristen stammen aus einer Zeit, als in vielen Wohnungen noch Kohleöfen standen und die Zimmer schnell verraucht waren“, sagt Ropertz. Das sei nicht mehr zeitgemäß.

Nie wieder bohren? Wann Mieter nicht mehr Schönheitsreparaturen übernehmen müssen.

© Kai Remmers

DIE QUOTENREGELUNG

Ziehen Mieter vor Ablauf der festgelegten Frist für die Schönheitsreparaturen aus, müssen sie sie nicht leisten oder – wie bislang – anteilig für die Kosten aufkommen. Denn auch diese sogenannte Quotenregelung hat der BGH nun gekippt.

Bislang war es gängige Praxis, dass der Vermieter die Mieter prozentual an den Kosten fürs Streichen der Wohnung beteiligt hat, wenn er vorzeitig ausgezogen ist. Eine entsprechende Klausel steht nach Angaben des Mieterbundes bislang in jedem zweiten Mietvertrag. Die Richter hielten das jedoch für nicht praktikabel: Den Anteil, den Mieter zu zahlen haben, könne man kaum verlässlich berechnen. Deshalb müssen Mieter nun diese anteiligen Renovierungskosten nicht mehr tragen – und zwar unabhängig davon, ob sie die Wohnung renoviert übernommen haben oder nicht. Das sind gute Nachrichten für Millionen von Mietern. Denn nach Angaben des Mieterbundes enthält noch immer jeder zweite Mietvertrag eine solche Quotenregelung.

Wer malert? Nach dem Auszug gibt es oft Streit um die Abnutzung der Wohnung

© Axel Heimken/dpa

DIE VERJÄHRUNG

Wer gerade aus seiner Wohnung ausgezogen ist und zu Unrecht Schönheitsreparaturen erbracht hat, kann sich den Wert der Renovierungsarbeiten erstatten lassen. Allerdings müssen Mieter dabei die Verjährung beachten: Maximal sechs Monate haben sie Zeit, um sich ihr Geld zurückzuholen. „Entscheidend ist dabei nicht, wann die  Mieter ausgezogen sind, sondern bis wann der Mietvertrag lief“, schreibt die Stiftung Warentest. Sie rät, zunächst den Vermieter schriftlich um die Rückerstattung der Kosten zu bitten. Dafür hat die Stiftung Warentest Musterbriefe ins Netz gestellt.

Reagiert der Vermieter auf dieses Schreiben nicht, sollte man sich Hilfe holen. Denn um die Verjährung zu stoppen, reicht das Schreiben nicht – stattdessen sind gerichtliche Schritte nötig. Die Stiftung Warentest rät deshalb, spätestens fünfeinhalb Monate nach Ende des Mietvertrags einen Anwalt einzuschalten, sollte der Vermieter bis dahin nicht reagiert haben. In einem solchen Fall können Mieter auch die Anwaltskosten von ihrem Vermieter zurückverlangen.

WAS NEUMIETER TUN KÖNNEN

Für Mieter wird es durch die neue Rechtsprechung noch wichtiger als bislang, nachweisen zu können, in welchem Zustand sie die Wohnung übernommen haben. Deshalb sollten sie zusammen mit dem Vermieter ein Übergabe-Protokoll erstellen. Sind nur die Wände, nicht aber Fenster, Türen und Heizkörper neu gestrichen worden, sollte man das unbedingt schriftlich festhalten. Weigert sich der Vermieter, das Protokoll zu unterschreiben (was sein Recht ist), sollte man einen Zeugen dazubitten. „Am besten ist dafür ein Handwerker geeignet“, sagt Ropertz. Auch macht es Sinn, die Wohnung vorm Einzug zu fotografieren.

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