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Hertie Tegel

© dpa

Warenhauskette: Tränen nach Hertie-Aus

Die Gläubigerversammlung der insolventen Warenhauskette Hertie hat das Aus für das Unternehmen beschlossen. 54 Warenhäuser sollen voraussichtlich bereits im Sommer geschlossen werden, darunter drei in in der Hauptstadt. 250 Berliner könnten schon bald ihren Job verlieren. Insgesamt sind rund 2600 Mitarbeiter betroffen.

Nach zehn Monaten endete der Kampf um die Rettung der insolventen Essener Warenhauskette Hertie mit einem Tiefschlag für die rund 2600 Mitarbeiter. "Manche der Kollegen sind zusammengebrochen und haben geweint", beschreibt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Bern Horn die erste Reaktion der Beschäftigten auf das am Mittwoch von der Gläubigerversammlung des Unternehmens besiegelte Aus für die bundesweit 54 Filialen. Drei der traditionellen Kaufhäuser stehen in Berlin. In den Filialen in Schöneberg, Tegel und  Moabit sind  nach Angabgen des RBB rund 250 Mitarbeiter von dem Aus der Kaufhauskette betroffen. Bei einem Altersdurchschnitt von "Mitte vierzig" in der Belegschaft deutschlandweit habe vermutlich kaum einer der Kollegen noch eine realistische Chance auf einen neuen Arbeitsplatz, zieht Horn nüchtern Bilanz.

Nach der Anmeldung der Insolvenz vor zehn Monaten im Sommer 2008 hatten die Chancen für die aus ehemaligen Warenhäusern des Arcandor-Konzerns gebildete Warenhauskette zunächst nicht schlecht gestanden. Insgesamt 19 besonders unrentable Warenhäuser wurden nach einer Prüfung im Frühjahr dieses Jahres von dem Insolvenzverwalter geschlossen, für eine Übernahme der verbliebenen 54 Warenhäuser meldeten verschiedene Investoren Interesse an. Dabei schien es auch kein Hinderungsgrund zu sein, dass Hertie im vergangenen Geschäftsjahr 2007/2008 einen Verlust in Rekordhöhe von mehr als einem Drittel des Umsatzes von 441,3 Millionen Euro erzielt hatte.

Neues Konzept sollte auf soziale Mitte der Käuferschicht zielen

Die Verhandlungen über eine Lösung konzentrierten sich schließlich auf eine Gruppe von Handelsfachleuten. Sie hatten angekündigt, mit Millionen-Euro-Investitionen die 54 Standorte und 2600 Arbeitsplätze erhalten zu wollen. Mit einem neuen Konzept wollte die Warenhauskette künftig zwischen Discountern und Luxuswarenhäusern auf die soziale Mitte der Käuferschicht zielen. Ohne außerordentliche Belastungen etwa aus Schließungen und bei einer Senkung der Miete habe Hertie durchaus die Chance, in die Gewinnzone zurückzukehren, hieß es.

Die Verhandlungen scheiterten schließlich an der Frage langfristiger Mietverträge, auf die sich die britischen Eigentümer nicht einlassen wollten. Das Motiv dahinter blieb unklar. Während der Anwalt der britischen Eigentümer, Detlev Stoecker, in einer auf der Gläubigerversammlung in Essen kontrovers geführten Diskussion auf die angeblich mangende Zahlungsfähigkeit der angetretenen Investoren hinwies, vermuten Insolvenzverwalter Bähr und Betriebsrat Horn ganz andere Hintergründe.

"Denen geht es nur ums Geld"

Man sei von Seiten der Eigentümer nur daran interessiert, Hertie leer zu bekommen, um die Immobilien anschließend besser vermarkten zu können, sagte Bähr. "Denen geht es nur ums Geld", schließt sich Horn an. Ob die Rechnung der britischen Investoren schließlich aufgeht, ist in den Augen von Bähr höchst zweifelhaft. Allein durch den nun bevorstehenden Leerstand würden die Immobilien rund 35 Millionen Euro ihres derzeitigen Werts von rund 185 Millionen Euro verlieren, rechnet Bähr vor. Der Kaufpreis der Immobilien habe dagegen im Jahr 2005 bei rund 285 Millionen Euro gelegen.

Finanziert worden sei damals von den Banken sogar ein Betrag von 330 Millionen Euro, sagt Bähr. "Dass das nicht gesund ist, weiß meine Großmutter", so der Insolvenzverwalter. Die britischen Investoren von MABV kündigten unterdessen an, für die betroffenen Warenhäuser neue Interessenten finden zu wollen. Für die große Mehrzahl der Hertie-Mitarbeiter dürfte dort jedoch künftig kein Platz mehr sein.

Uta Knapp[dpa]

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