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Eine Gasturbine aus dem Siemens-Werk in Moabit wird zunächst über den Westhafenkanal in Richtung Düsseldorf verschifft.

© Thilo Rückeis

Güterverkehr: Warentransport per Schiff steigt nur leicht

Mehr Schiffe statt Lastwagen: Das wäre gut für die Klimabilanz. Aber es gibt einige Hürden.

Jeder kennt sie, die langen, schmalen Schiffe, beladen mit Kohle oder Schrott, Sand oder Steinen. Gemächlich schippern sie den Rhein abwärts und bringen ihre Fracht aus dem so genannten Hinterland zum Seehafen Rotterdam. Etwa 80 Prozent der deutschen Transportschiffe verkehren auf dem Rhein. Dem Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) zufolge transportieren sie vor allem das sogenannte Massengut, also Brenn- und Baustoffe, Erze und Stahl. Insgesamt hat die Binnenschifffahrt im vergangenen Jahr 222,7 Millionen Tonnen Güter befördert. Im Vergleich zu 2016 ist das ein leichter Anstieg von 0,6 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit.

Verkehrspolitiker und Umweltschützer hatten sich einmal viel mehr erhofft vom Güterverkehr zu Wasser – vor allem auch für die Klimabilanz. Die Binnenschifffahrt ist – wie auch der Schienenverkehr – viel energieeffizienter als der Gütertransport mit dem Lkw. In der ersten deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 gab die damalige rot-grüne Regierung das Ziel aus, den Anteil des Güterverkehrs mit Schiff und Bahn bis 2015 auf 39 Prozent zu erhöhen. Dieses Ziel wurde weit verfehlt. Seit Jahren bewegt sich der Anteil der Binnenschifffahrt am Güterverkehr zwischen fünf und sieben Prozent. Auch der Schienenverkehr ist unter zehn Prozent geblieben. Die Menge der auf der Straße beförderten Güter hingegen ist in den letzten Jahren konstant gestiegen und liegt derzeit bei rund 80 Prozent. In der neu aufgelegten Nachhaltigkeitsstrategie von 2016 ist von der Binnenschifffahrt keine Rede mehr.

Vor- und Nachteile für die Umwelt

Der jetzt vermeldete leichte Zuwachs sei nicht wirklich nennenswert und erkläre sich ausschließlich mit dem Wirtschaftswachstum, sagte Lars Mönch. Mönch ist Leiter des Fachgebiets Schadstoffminderung und Energieeinsparung im Verkehr beim Umweltbundesamt. „Wir haben Sympathien für die Binnenschifffahrt“, sagte er auf Anfrage, „aber die Medaille hat zwei Seiten“. Der Energieaufwand pro Tonnenkilometer (also für eine beförderte Tonne pro Kilometer) sei niedrig. Das liege an den geringen Fahrwiderständen auf dem Wasser und dem geringen Energieverlust. Aber: „Die Binnenschifffahrt hat eine Achillesferse, und das ist ihr relativ hoher Ausstoß an Partikeln und Stickstoffoxiden.“

Eine Studie des Umweltbundesamtes von 2012 hat die Emissionen verschiedener Transportmittel pro Tonnenkilometer verglichen: Während ein großer Lkw fast dreimal so viel C02 ausstößt wie ein Binnenschiff, emittieren die Schiffe etwas mehr Stickstoffoxide und mehr als doppelt so viel Feinstaub. Das ist vor allem dort ein Problem, wo besonders viele Binnenschiffe verkehren, zum Beispiel in den Städten am Rhein.

Viele Schiffe müssen nachgerüstet werden

In den Schiffen müssten Abgasnachbehandlungssysteme eingebaut werden, sagte Mönch. Aber im Vergleich zu den Lkw würden die Binnenschiffe selten erneuert. Ein Förderprogramm des Bundesverkehrsministeriums für die Nachrüstung von Schiffsmotoren werde kaum angenommen. „Ich schätze, nur drei bis fünf Prozent der Motoren wird pro Jahr erneuert“, sagte Mönch. Zudem seien die Möglichkeiten der Binnenschifffahrt begrenzt. Die Elbe beispielsweise sei relativ naturbelassen und habe noch Potenzial als Wasserstraße. „Aber die Elbe soll ja keine Autobahn werden“, sagte Mönch.

Bei einer möglichen Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf Wasser und Schiene gibt es ein weiteres Hindernis. „Binnenschiffe und Eisenbahnen transportieren vor allem Massengut über weite Strecken“, sagte Wolfgang Severing. Der Lkw hingegen befördere andere Arten von Gütern. Severing leitet beim Bundesamt für Güterverkehr die Abteilung Verkehrswirtschaft.

Severing zufolge liegt das geringe Wachstum der Binnenschifffahrt auch am Bedeutungsverlust der durch Schiffe traditionell transportierten Waren wie Kohle und Erze. „Wasser- und Straßenverkehr haben in unterschiedlichen Bereichen Wettbewerbsvorteile“, sagte Severing. Zudem sei der Transport mit dem Schiff auf manchen Routen vorteilhafter. Überschneidungen gebe es vor allem bei der Beförderung von höherwertigen Produkten, die vor allem in Containern transportiert werden. Laut Statistischem Bundesamt ist der Containerverkehr mit Binnenschiffen 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 5,3 Prozent gestiegen, und zwar auf 2,6 Millionen Standardcontainer.

Alexandra Duong

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