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Laut und bunt sind die Konzerte der Heavy-Metal-Band Metallica. Wer ein günstiges Ticket dafür abbekommen will, muss schnell sein und Glück haben.

© imago/China Foto Press

Von Metallica bis Phil Collins: Warum Konzerte teurer werden

Trotz hoher Preise sind Konzerttickets oft binnen Sekunden ausverkauft. Wer dennoch zur Show will, dem bleibt oft nichts anderes übrig als teure Vip-Karten zu kaufen.

Fans der Heavy-Metal-Band Metallica schätzen das Quartett für seine schnellen und harten Riffs. Schnell verlief auch der Vorverkauf für die Deutschlandkonzerte der „Worldwired“-Tour: Punkt 10 Uhr am 24. März öffneten die Kassen im Internet, die billigsten Tickets für knapp 80 Euro waren sofort vergriffen. Selbst Kunden, die auf die Minute pünktlich die Seite des Ticketanbieters aufgerufen hatten, gelangten in eine virtuelle Warteschleife. Zwei Stunden nach Verkaufsstart gab es dann schon nur noch ein paar „Vip-Packages“ – die teuersten für 2399 Euro. Beim Metallica-Konzert vor neun Jahren in Berlin dagegen hatten Besucher selbst an der Abendkasse noch Tickets für zehn Euro kaufen können – obwohl die Musiker schon damals Superstars waren. Das wirft Fragen auf: Was ist in der Zwischenzeit passiert? Und was darf Rockmusik kosten?

Veränderungen im Musikmarkt

„Früher dienten Konzerte nur Promotion-Zwecken, um das Album bekannt zu machen“, sagt Markus Große, stellvertretender Geschäftsführer der Berliner Konzertagentur FourArtists. Heute sei es andersherum: „Übertrieben gesagt sind Downloads, Streaming und CDs heute eher Promo-Material für die Konzerte“. So haben Künstler, je nach Bekanntheitsgrad, bei Konzerten früher fast umsonst gespielt – in der Hoffnung, dass mehr Menschen ihre aktuelle Platte kauften. Das große Geld wurde dagegen mit Tonträgern verdient. „Künstler brauchten zu der Zeit kaum noch touren“, sagt Große.

Doch seit 2000 ist der Umsatz mit physischen Tonträgern von 2,6 Milliarden Euro auf nur noch eine Milliarde in 2015 gesunken. Weil kaum noch jemand CDs kauft, ist der Musikindustrie ein wichtiges Standbein weggebrochen. Und das immer beliebtere Streaming über Dienste wie Spotify oder Apple Music kann die fehlenden CD-Verkäufe kaum ausgleichen. Denn wie eine französische Studie von 2015 zeigte, werden Künstler nur mit knapp sieben Prozent an den Spotify-Einnahmen beteiligt – den Haupterlös erhalten die Plattenlabels. Bei Konzerten hingegen gehen durchschnittlich mehr als ein Drittel der Einnahmen an den Künstler als Gage. Um die fehlenden Erlöse aus CD-Verkäufen zu kompensieren, müssten Künstler heute deshalb viel mehr touren als früher, sagt Große. Dabei verlangen sie den maximalen Ticketpreis, um ihre Gage zu steigern.

Zwei Player dominieren den Markt

Doch für die hohen Preise gibt es noch einen Grund. Berthold Seliger, Inhaber der Konzertagentur Seliger, schreibt in seinem Buch „Das Geschäft mit der Musik“: „Ein wesentlicher Grund für die hohen Gagen und ihre Durchsetzbarkeit sind die Monopolstrukturen des Konzertgeschäfts.“ Damit meint er die zwei großen Player CTS Eventim, Marktführer in Deutschland, und Live Nation, die Nummer eins im internationalen Veranstaltungsmarkt. Beide sind in den letzten Jahren deutlich gewachsen. So gehören bei CTS Eventim unter anderem die Konzertagenturen Lieberberg, FKP-Scorpio sowie die Lanxess Arena in Köln zum Portfolio. Live Nation kaufte den USA-Marktführer Ticketmaster, mehrere Künstlermanagement-Agenturen sowie weit mehr als 100 Spielstätten auf. Beide Konzerne hatten bereits mit Ermittlungen des Kartellamts zu tun - bisher jedoch ohne eindeutiges Ergebnis. Wenn es aber nur noch zwei Player auf dem Markt gäbe, denen bundesweit fast alle Konzertveranstalter und Spielorte gehören und auf der anderen Seite nur wenige große Managementagenturen, die fast alle Künstler vertreten, dann würden unweigerlich die Preise steigen, schreibt SeliLiveshowsger. Neben den Konzerttickets werden deshalb auch die Parkplätze rund um die Konzerthallen teurer.

Das Geschäft mit den Fans

Warum auch nicht? Solange Fans mitspielen und Tickets trotz steigender Preise in Sekunden vergriffen sind, funktioniere das Prinzip von Angebot und Nachfrage anscheinend, sagt Johannes Ulbricht, Justiziar des Bundesverbands der Veranstaltungswirtschaft. Die Deutschen lassen sich das Konzerterlebnis schließlich einiges kosten: Laut der Studie „Musikwirtschaft in Deutschland“ haben Fans 2014, aktuellere Zahlen liegen nicht vor, 2,8 Milliarden Euro für Konzertbesuche ausgegeben. Darunter 1,6 Milliarden Euro für Rock- und Pop-Konzerte oder Festivals. Für fremdsprachige Rock- und Pop-Konzerte gaben die Deutschen durchschnittlich rund 48 Euro pro Ticket aus. Diese Durchschnittspreise sind noch sehr human, verglichen mit den dreistelligen Preisen für Konzerte der Superstars.

Aber wie kommen diese Ticketpreise zustande? „Pauschalisieren lässt sich hier natürlich nichts, aber in der Regel decken rund 60 Prozent des Umsatzes von LiveShows die Kosten des Konzerts wie Personal, Produktion, Infrastruktur oder Gema-Gebühren“, sagt Große. Die übrigen 40 Prozent teilen Künstler und Tourveranstalter untereinander auf. Davon gehen auch noch einmal fünf bis zehn Prozent an die örtlichen Veranstalter, sagt Große. Gerade bekannte Stars können oft hohe Gagen fordern, sodass im Zweifel nicht mehr viel für die lokalen und nationalen Veranstalter übrig bleibt.

Entscheidend ist die Größe der Spielstätte

Eine opulente Tour mit großem technischen Aufwand macht auch das Ticket teurer. Da finden viele Fans es erfrischend, wenn manche Künstler sich auf ihre Anfänge besinnen und statt für ein Konzert in einer großen Halle horrende Preise zu verlangen, kleinere Clubkonzerte zu moderaten Preisen spielen. So zum Beispiel der deutsche Hip-Hop- Künstler Marteria, der seine erste Tour von 2009 dieses Jahr in denselben kleinen Clubs wie damals nachspielt. Preis pro Ticket: knapp 30 Euro. Nach 60 Sekunden waren die Tickets dafür allerdings ausverkauft. Aufgrund der hohen Nachfrage wurde eine weitere Tour in größeren Hallen angekündigt.

Das zeigt, in welchem Dilemma erfolgreiche Musiker stecken: Spielen sie in kleinen Clubs, sind die Tickets erst recht schnell ausverkauft. Sie müssen also in großen Hallen spielen, um möglichst viele Fans erreichen zu können. Doch je größer die Halle und der Aufwand, desto teurer werden die Tickets.

Zusätzlicher Profit durch Vip-Tickets

Diese Gigantomanie nutzen Manager und Veranstalter noch für ganz neue Angebote. Vip-Tickets zum Beispiel, mit denen Fans neben einem regulären Sitzplatz zusätzlich exklusive Leistungen erwerben können. Im Metallica-Vip-Ticket für 2399 Euro ist zum Beispiel ein Treffen mit den Bandmitgliedern, der Zugang zu einer Ausstellung über die Band und ein Dinner inbegriffen. Eine weitere Chance, Profit zu machen, denn heute würden die Fans den Künstlern so nah wie möglich sein wollen, sagt Ulbricht. „Oft sind es gerade gut situierte und privilegierte Kreise, die diese Art von Tickets anfragen“, sagt Marek Lieberberg, der auch Metallica organisiert. Fans, die sich das nicht leisten können, macht diese Preisgestaltung wütend. Bands wie Metallica müssten „auf ihren Ruf aufpassen, wenn sie sich kommerzialisieren“, sagt Ulbricht. Lieberberg rechtfertigt die Vip-Tickets. Das entspreche dem Zeitgeist und dem aktuellen Bedürfnis: „Live Nation reagiert auf das starke Interesse an Tickets mit besonderen Angeboten.“ Für 2 399 Euro gibt es dann doch aber eine Getränke-Flatrate? Fehlanzeige: Jeder erhält zwei Gratis-Getränke. Mehr nicht.

Solveig Gode

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