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Wirtschaft: Was drin ist

Die Regierung hält an bereits geplanten Gesetzen fest. Doch viele Projekte könnten ins Wanken kommen

Berlin – Trotz der anstehenden Neuwahlen will die Bundesregierung bereits begonnene Gesetzesvorhaben zu Ende bringen. „Wir arbeiten normal weiter“, heißt es in den Bundesministerien. Doch grundsätzlich gilt: Alle Vorhaben, die vor der Auflösung des Parlaments nicht schon in dritter Lesung beraten worden sind, müssen in den neu gewählten Bundestag eingebracht werden.

Haushalt. Die bereits begonnene Erstellung des Bundeshaushaltsentwurfs für 2006 wird angesichts der bevorstehenden Neuwahlen auf Eis gelegt. Vorgesehen war im Zeitplan, dass sich das Kabinett am 29. Juni mit dem Etatentwurf befasst. Dies allerdings würde voraussetzen, dass die Kabinettsmitglieder in den so genannten ChefGesprächen in härteste Verteilungskämpfe mit Finanzminister Hans Eichel (SPD) um die engen Ausgabenposten eintreten. Ein streitiger Vorgang, den sich die Regierung angesichts der neuen politischen Lage ersparen wird. Grundsätzlich muss die rot-grüne Regierung so kurz vor einer Bundestagswahl keine eine nachfolgende Regierung bindenden Beschlüsse mehr fassen, es gelten die Gebote der so genannten „Diskontinuität".

Unternehmenssteuern . Obwohl es die Parteigremien der SPD und der Grünen noch nicht beschlossen haben, ist schon jetzt klar: Die beiden Gesetzentwürfe der Regierung zur Senkung der Körperschaftsteuer von 25 auf 19 Prozent und zur Abschaffung der Erbschaftsteuer für Unternehmensvermögen werden vor der Sommerpause nicht mehr wie ursprünglich geplant im Parlament verabschiedet werden. Im Finanzministerium berief man sich zwar am Montag noch darauf, dass die Entwürfe in das parlamentarische Verfahren eingebracht sind, also beschlussreif seien. In der SPD-Fraktion hingegen hieß es, ein geordnetes Verfahren sei eher unwahrscheinlich. Zu stark seien die Bedenken einzelner Koalitionsmitglieder. Welchen taktischen Weg die Koalition wählen wird, um sich der Steuersenkungsgesetze möglichst stillschweigend zu entledigen, sollte bis zum Ende der Woche feststehen.

Hartz IV. SPD, Grüne und Union hatten auf dem Job-Gipfel vereinbart, die Zuverdienstmöglichkeiten von Langzeitarbeitslosen zu verbessern. Diese neue Regelung soll der Bundestag Anfang Juni verabschieden, der Bundesrat soll sich damit am 10. Juni befassen. Bei Rot-Grün wie auch in der Union geht man davon aus, dass es dabei bleibt. Die von Rot-Grün gegen Lohndumping geplante Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf alle Branchen wird dagegen spätestens im Bundesrat scheitern.

Energiewirtschaftsgesetz. Das Energiewirtschaftsgesetz könnte noch vor der Sommerpause endgültig verabschiedet werden, glaubt die energiepolitische Sprecherin der Grünen, Michaele Hustedt. „Das Thema eignet sich nicht für den Wahlkampf“, sagte sie dem Tagesspiegel. Derzeit liegt das Gesetz, das den Strom- und Gasmarkt liberalisieren soll, im Vermittlungsausschuss. Allein schon wegen geltender EU-Richtlinien müsse das Gesetz zügig in Kraft treten, erklärte Hustedt. „Ich wüsste keinen Grund, warum wir das nicht noch vor der Wahl zu Ende machen sollten.“

Sozialversicherung. Vorgezogene Neuwahlen würden dafür sorgen, dass die Regierung entgegen ihren Ankündigungen im laufenden Jahr keine Reform der Pflegeversicherung mehr vorlegen wird. Dagegen hält Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) an dem Plan fest, der Renten- und Krankenversicherung im Januar 2006 einen zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag zu beschaffen, um so die klammen Kassen aufzubessern.

Anti-Diskriminierungsgesetz. Auch das Anti-Diskriminierungsgesetz soll trotz des Widerstands der Versicherer, Vermieter und Arbeitgeber verabschiedet werden. Noch im Juni soll die zweite und dritte Lesung im Bundestag stattfinden. „Das Gesetz wird noch dieses Jahres in Kraft treten“, sagte die frauen- und familienpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Irmingard Schewe-Gerigk, dem Tagesspiegel. Da das Gesetz EU-Vorgaben umsetze, habe die Regierung gar keine andere Wahl. Kritiker finden jedoch, dass das Gesetz zu weit geht.

Verbraucher. Den lange erwarteten Entwurf des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), das die Rechte von Verbrauchern gegenüber den Versicherern stärken soll, will das Justizministerium „demnächst“ verschicken. Dennoch glaubt Gabriele Hoffmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nicht daran, dass das Projekt noch in dieser Legislaturperiode vorankommt. Auch Edda Müller vom Verbraucherzentrale Bundesverband hat Zweifel. Die Verbraucherschützerin fürchtet zudem um das neue Bauvertragsrecht, mit dem Verbraucherschutzministerin Renate Künast private Bauherren im Fall der Insolvenz des Bauträgers besser schützen wollte.

Managergehälter. Nachdem das Kabinett kürzlich dem Gesetz, das eine Veröffentlichung der Managerbezüge vorschreibt, zugestimmt hat, soll der Entwurf noch vor der Sommerpause dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet werden.

Anleger. Für Anleger wird sich nach Meinung von Experten auch nach einem Regierungswechsel nicht viel ändern. Das Zehn-Punkte-Programm zur Verbesserung des Anlegerschutzes sei im Konsens mit der Opposition beschlossen worden, betont Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Markus Straub, Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) erwartet Nachbesserungen höchstens in Einzelpunkten – etwa bei der seit dem 1. April gültigen erweiterten Kontenabfrage oder der Beschränkung von Aktionärsrechten bei Anfechtungsklagen oder auf Hauptversammlungen. asi/awm/ce/hej/mot

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