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Wirtschaft: Was Frauen mögen

Geschlechtsspezifisches Marketing wird immer wichtiger / Viele Firmen haben das noch nicht begriffen

Berlin – Ein Baumarkt und seine Berliner Werbeagentur haben kürzlich vorgemacht, wie Gender Marketing nicht funktioniert: „Mein erstes Mal mit Hornbach“ stand da auf dem – übrigens auch von Frauen – speziell für die weibliche Zielgruppe erstellten Prospekt, daneben ein verbogener Nagel und Bluttropfen. Meine Herren, da haben wir aber gelacht, aus lauter Verzweiflung. Deutsche Unternehmen, Produktmanager und Entwickler, aber auch die Werbebranche haben beim geschlechtsspezifischen Marketing noch erheblichen Nachholbedarf.

Jetzt trafen sich Vertreter aus Wirtschaft und Politik zum 1. Internationalen Gender Marketing Kongress im ddb Forum Berlin, präsentierten Beispiele für vorbildliches Marketing und entwickelten Visionen, wie Frauen und Männer künftig gezielter angesprochen werden können. Nur ein Viertel der Anwesenden waren Männer – was zeigt, dass Gender Marketing noch immer als Emanzen-Veranstaltung gilt. Zu Unrecht, wie Maud Pagel meint. „Unternehmen müssen das Thema ernst nehmen, wenn sie in Zukunft erfolgreich sein wollen“, warnt die Beauftragte für Chancengleichheit und Diversity bei der Deutschen Telekom. Bisher gibt die durchschnittliche bundesdeutsche Frau mehr als 70 Prozent des Haushaltseinkommens an Supermarktkassen und in Onlineshops aus – und sie würde noch mehr kaufen, wäre das Angebot ein anderes, meint Eva Kreienkamp von der auf Gender Marketing spezialisierten Agentur „FrischCo.“. Innovative Ideen dazu werden auch beim Kongress „Gender Mainstreaming“ der Berliner Wirtschaftsverwaltung am 19. Juni im Rathaus Schöneberg diskutiert.

Besonders intensiv hat sich bisher vor allem die Autoindustrie mit dem Thema beschäftigt. Dort gebe es detaillierte Analysen zu Kaufentscheidungen beider Geschlechter, erklärt Doris Kortus-Schultes vom „Kompetenzzentrum Frauen und Autos“ der Hochschule Niederrhein. Zwar sind 51 Prozent der Deutschen weiblich, doch nur jeder dritte Wagen gehöre einer Frau. Wolle man die Märkte in Asien erschließen, müssten Konstrukteure und Ingenieure weit mehr als bisher die Körpermaße berücksichtigen, empfiehlt die Auto-Expertin. Doch selbst wenn Firmen wie Volvo mit der von einem Frauenteam entwickelten Sportwagen-Konzeptstudie „YCC“ geschlechtsspezifische Produkte entwickelten, scheitere der Erfolg oft beim Verkauf. In der Praxis klagen viele Frauen über negative Erfahrungen in Autohäusern – wo die Verkäufer sie nicht ernst nähmen, nicht auf ihre Fragen eingingen oder sie gleich links liegen ließen.

Ein positives Beispiel kommt dagegen aus der Finanzbranche: Die Berliner Weberbank geht seit einigen Jahren mit dem „Ladies’ Office“ bei der Finanzberatung auf die Wünsche von Kundinnen ein. Doch auch deren Bedürfnisse sind unterschiedlich: Es gebe nicht „die Frau“ und „den Mann“, sagt Jörg Sommer, Produktmanager bei Daimler-Chrysler. „Auch ich freue mich über Haken im Kofferraum, damit die Einkaufstüten nicht quer durchs Auto fliegen.“

Annette Kögel

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