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Wirtschaft: Weg frei für die Lkw-Maut

Nach monatelangem Streit einigen sich die Anbieter der Technik auf Zusammenarbeit – 15 Cent pro Kilometer

Berlin (asi). Spediteure und Lkw-Fahrer müssen ab August nächsten Jahres für die Benutzung deutscher Autobahnen eine kilometerabhängige Maut bezahlen. „Im August geht es los“, sagte Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) am Freitag in Berlin. In der Nacht zuvor hatten sich nach einem heftigen und Monate andauernden Streit die Anbieterkonsortien ETC um die Deutsche Telekom und Daimler Chrysler sowie Ages um die britische Vodafone auf ein gemeinsames Angebot an die Bundesregierung geeinigt. Bodewig nannte den Aufbau des Maut-Erfassungssystems einen „Quantensprung“ in der Verkehrspolitik. Mit der Einigung der konkurrierenden Firmengruppen, nun zusammenzuarbeiten, sei das strittige Vergabeverfahren zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht worden.

Das federführende ETC-Konsortium will bis August in das Erfassungssystem 500 Millionen Euro investieren, sagte Klaus Mangold, Vorstandsmitglied bei Daimler. Die so genannten elektronischen Erfassungsgeräte zur Ermittlung der Maut würden bis zum Sommer den Verkehrsunternehmen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Zweifel, dass ETC in so kurzer Zeit ausreichend Geräte, die in die Lkws eingebaut werden müssen, zur Verfügung stellen kann, wies Mangold zurück.

Wenn die elektronische Erfassung im August beginnt, rechnet ETC damit, dass bis zu 80 Prozent aller deutschen Unternehmen die Geräte installiert haben werden. Gleichzeitig ist jedoch auch eine Mautabrechnung über ein manuelles Kartensystem möglich. Es werde „noch sehr lange“ neben dem elektronischen System betrieben, sagte Mangold, denn die Mauterfassung müsse auch für ausländische Unternehmen, die nur sehr selten durch Deutschland fahren, sichergestellt werden. Das Verkehrsministerium geht davon aus, dass die Maut zwischen zehn und 17 Cent pro gefahrenen Kilometer betragen wird. Minister Bodewig sicherte den deutschen Unternehmen noch einmal einen Erstattungsbetrag von 300 Millionen Euro zu. Voraussichtlich werde die Erstattung durch Mautkosten-Verrechnung gerecht an alle Unternehmen verteilt, sagte er.

Der Betrieb des Systems soll Bodewig zufolge jährlich 550 bis 600 Millionen Euro kosten. Der Minister rechnet damit, dass das neue Mauterfassungssystem zum europäischen Leitsystem werden wird. Einem auf anderer technologischer Basis funktionierenden System in Österreich räumte Bodewig kaum Chancen ein.

Am Donnerstagabend hatte sich das konkurrierende Ages-Konsortium mit ETC auf eine Zusammenarbeit bei dem Auftrag verständigt. Daraufhin hatte Ages seine Beschwerde vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht gegen die Vergabeentscheidung zurückgenommen. Ages wird nun an dem Modell beteiligt und vorwiegend für die manuelle Kartenabrechnung verantwortlich sein. Vodafone stelle überdies gemeinsam mit der Telekom ein „noch dichteres Erfassungssystem“ sicher, sagten die ETC-Vertreter in Berlin. Der Arbeitsanteil von Ages liege unter 20 Prozent.

Der Verkehrsminister nannte die Lkw-Maut einen „bedeutenden Meilenstein“ für die Verkehrspolitik. Mit deren Einführung würden die vom Schwerlastverkehr verursachten Kosten in der Infrastruktur auch gerecht dem Verursacher angelastet, was insbesondere erstmals auch für die vielen ausländischen Lkws auf deutschen Autobahnen gelte. Der überwiegende Teil der von der Maut erhofften Einnahmen, die auf 3,4 Milliarden Euro jährlich geschätzt werden, soll zum Ausbau der Verkehrswege – Straße, Schiene und Wasserwege – verwendet werden. Das entsprechende „Anti-Stau- Programm“ zur Sanierung und Lückenschließung bei deutschen Autobahnen werde, obwohl die Mauteinnahmen erst in der zweiten Jahreshälfte fließen werden, dennoch im Januar 2003 beginnen, sicherte der Minister zu. Er äußerte die Hoffnung, dass die Maut- Einnahmen sogar noch etwas höher liegen könnten als geplant.

Auch Daimler-Vorstand Mangold zeigte sich zufrieden, dass letztlich ein gemeinsames Vorgehen beider Firmengruppen möglich geworden sei. Das sei deshalb bedeutsam, weil ein weiterer Zeitverzug bei der Einführung der Maut habe vermieden werden können. Das Projekt selbst erschließe eine „völlig neue Dimension“ in der privaten Finanzierung öffentlicher Projekte, etwa dem Straßenbau. Das Konsortium Daimler/Telekom erwartete von dem Auftrag für das Maut-Erfassungssystem bis zu 700 Millionen Euro Einnahmen im Jahr. Der Vertrag soll zunächst für zwölf Jahre gelten.

Mangold ließ zwar – aus „Nichtinteresse der Bundesregierung“ – offen, ob das von ETC entwickelte Maut-Erfassungssystem später auch für die Maut-Erfassung bei Pkws zu nutzen wäre. Der Daimler-Vorstand wies allerdings schon jetzt auf weitere Vermarktungsmöglichkeiten „in aller Welt“ hin. Erste Kontakte mit den Vereinigten Staaten seien bereits aufgenommen.

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