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Wirtschaft: Weihnachten muss die Jobs im Handel retten

Branche streicht schon jetzt pro Jahr bis zu 40 000 Stellen – und Verdi befürchtet noch höhere Arbeitsplatzverluste

Berlin – Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi setzt große Hoffnungen in den Jahresendspurt im Einzelhandel. „Wenn das Weihnachtsgeschäft auf breiter Linie schief geht, werden weitere Betriebe in die Insolvenz gehen und dann werden weiterhin Arbeitsplätze abgebaut“, sagt Ulrich Dalibor, Fachgruppenleiter Einzelhandel bei Verdi. Zumal schon in den vergangenen zehn Jahren nach Verdi-Angaben 30000 bis 40000 Stellen pro Jahr verloren gingen. Auch für 2004 sieht es nicht besser aus: „Der Trend ist ungebrochen“, sagt Dalibor.

Für den Einzelhandel mit seinen 2,7 Millionen Beschäftigten ist das Weihnachtsgeschäft extrem wichtig. In einigen Bereichen werden 30 bis 40 Prozent des gesamten Jahresumsatzes allein in den Monaten November und Dezember erwirtschaftet, im Schnitt ist es ein Fünftel des Jahresumsatzes. Ein schlechtes Weihnachtsgeschäft „gibt schlechte Vorzeichen für die Personal- und Umsatzentwicklung 2005“, sagte Dalibor. Denn die Unternehmen planen jetzt ihre Budgets für das kommende Jahr.

„Wenn das Weihnachtsgeschäft von den Planzahlen abweicht, wirkt sich das sofort auf die Personalplanung aus“, sagt Dalibor. „Ich kann mir kaum einen Geschäftsverlauf vorstellen, vor dessen Hintergrund Einstellungen geplant sind.“ Wenn die Beschäftigungssituation gehalten würde, sei das bereits ein großer Erfolg. Heute glaube niemand, „dass 2005 zum Rettungsjahr des deutschen Einzelhandels wird“, sagt Dalibor, „weil die Rahmenbedingungen nicht besser werden“.

Der Hauptverband des deutschen Einzelhandels HDE hält weiter an seiner positiven Prognose für das Weihnachtsgeschäft in Deutschland fest. In den Monaten November und Dezember soll der Umsatz um rund eine Milliarde Euro oder 1,3 Prozent auf rund 69,6 Milliarden Euro zu steigen. Der Nachfrageschub werde aber nicht mehr verhindern können, dass der Handel über das gesamte Jahr gerechnet weniger Umsatz verbuchen werde, sagte HDE-Sprecher Hubertus Pellengahr dem Tagesspiegel. Pellengahr rechnet mit einem Minus von 0,5 Prozent.

„Ich gehe nicht davon aus, dass das Weihnachtsgeschäft ein Flop wird“, sagte Rolf Bürkl, Wirtschaftsforscher der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) dem Tagesspiegel. Ganz so optimistisch wie der HDE ist Bürkl jedoch nicht. Und er mahnt: „Man darf die Ergebnisse des ersten Adventswochenendes nicht auf das gesamte Weihnachtsgeschäft hochrechnen.“ Bürkl geht zwar davon aus, dass das Geschäft im November und Dezember ein bisschen besser laufen wird als 2003, boomen werde es jedoch nicht. Zuletzt hatte die GfK für den November eine stabile Stimmung bei den Verbrauchern ermittelt, die Konsumneigung habe sogar angezogen. „Aber es kommt eben nicht nur auf die Neigung an, es muss auch das notwendige Budget vorhanden sein“, sagte Bürkl. Ein gutes Weihnachtsgeschäft wiederum würde die Ausgangslage für ein Anziehen der Konjunktur im kommenden Jahr verbessern. „Ich glaube aber nicht, dass ein schlechtes Weihnachtsgeschäft den Aufschwung in Gefahr bringt“, sagte Bürkl.

Der Großhandel jedenfalls startet nach den Worten von Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA) erst einmal mit einem „unbefriedigenden Umsatzergebnis in das vierte Quartal“. Im Vorquartal habe der Großhandel noch von steigenden Ausrüstungs- und Lager- investitionen im Produktionssektor profitiert. Nun hänge er „wieder voll am inzwischen langsamer laufenden Motor der Weltwirtschaft“, sagte Börner.

Im Monat Oktober 2004 setzte der Großhandel nominal 1,4 Prozent und real – also auf Basis gleicher Preise – 4,9 Prozent weniger um als im Oktober 2003. Beim Konsumgütergroßhandel gingen die Absatzzahlen nominal um sechs Prozent und damit laut BGA ungewöhnlich hoch zurück. Der Handel mit Gebrauchs- und Verbrauchsgütern sei regelrecht eingebrochen. Dennoch setzt der BGA auf das Weihnachtsgeschäft. Für die letzten beiden Monate des Jahres sei der BGA optimistisch, dass die Großhandelsumsätze steigen werden. „Vom Konsumgüterhandel könnte mit dem Weihnachtsgeschäft erstmals ein Wachstumseffekt auf das Umsatzergebnis der gesamten Branche ausgehen“, sagte Börner.

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