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Wirtschaft: Weihnachtsgeld fließt auch in der Krise

Beschäftigte von Banken bekommen am meisten/Bauleute im Osten gehen leer aus

Berlin. Etwas skeptisch blicken Arbeiter und Angestellte in diesen Tagen auf ihren Lohn oder Gehaltszettel. Viele rechnen mit Kürzungen beim Weihnachtsgeld. In der Tat fällt in einigen Unternehmen die Zahlung bescheidener aus als 2001, von flächendeckender Streichung kann jedoch nicht gesprochen werden. In den meisten Branchen besteht der Anspruch auf ein tarifvertraglich gesichertes Weihnachtsgeld. Diese Zahlung darf nicht vom Arbeitgeber gekürzt werden.

Über ein volles Zusatzgehalt können sich die Beschäftigten in Banken und in der Süßwarenindustrie freuen; immerhin 95 Prozent zahlt die Druckindustrie – in Ost wie West. Den Angestellten der Chemie stehen zwar weiterhin in den alten Ländern 95 Prozent, in den neuen 65 Prozent zu. 2002 dürfen Arbeitgeber dabei allerdings auf 80 Prozent im Westen und 50 Prozent im Osten heruntergehen. Schlechter sieht es auf dem Bau aus: Die Beschäftigten in Ostdeutschland kriegen kein Weihnachtsgeld, die West-Kollegen erhalten 55 Prozent.

Viel unsicherer ist das nicht tariflich vereinbarte Weihnachtsgeld: Zahlte der Arbeitgeber bislang vorbehaltlich eines Widerrufs oder als „freiwillige Leistung“, kann er es in einer Konjunkturflaute kürzen oder sogar streichen. Die Kaufhof AG etwa hat ihre übertariflichen Leistungen gesenkt, liegt aber noch über Einzelhandelstarif: Statt der vorgeschriebenen 62,5 Prozent zahlt Kaufhof übertarifliche 75 Prozent. 2001 gab es allerdings noch 105 Prozent. „Bei uns richtet sich die Jahresprämie nach dem wirtschaftlichen Ergebnis,“ sagte ein Kaufhof-Sprecher. Auch die TUI hat dieses Jahr zusammengestrichen: „In den letzten Jahren gab es immer 100 Prozent eines Gehalts, aber nachdem dieses Geschäftsjahr nicht so rosig aussah, haben wir eine neue Betriebsvereinbarung abgeschlossen,“ sagte Bernd Rimele, Pressesprecher der TUI. Nun garantiert das Reiseunternehmen seinen Mitarbeitern noch 60 Prozent. Bei Opel gibt es in diesem Jahr 30 Prozent weniger, man will aber dafür bei einer besseren Wirtschaftslage 2004 und 2005 130 Prozent auszahlen.

„Als Arbeitgeber sollte man seine Ansprüche prüfen,“ sagt Reinhard Dombre, Tarifexperte beim Deutschen Gewerkschaftsbund. Er rät, einen Blick in den eigenen Arbeitsvertrag, in den Tarifvertrag oder in geltende Betriebsvereinbarungen zu werfen. Weihnachtsgeld und 13. Monatsgehalt sind übrigens nicht das Gleiche: Wichtig ist, wie die Sonderzahlung auf der Lohnabrechnung bezeichnet wird: Bei einer „Jahressonderleistung“ oder einem 13. Monatsgehalt wird nur die über das Jahr erbrachte Arbeitsleistung vergütet: Wer krank war oder aus anderen Gründen fehlte, erhält unter Umständen weniger. Ein Weihnachtsgeld dagegen belohnt den Mitarbeiter für seine Betriebstreue – egal, ob er lange krank war oder nicht. Allerdings gilt beim Weihnachtsgeld die so genannte Bindungsfrist: Wer nur einen Anteil vom normalen Gehalt bekommt, muss das Weihnachtsgeld zurückzahlen, wenn er vor dem 31. März des Folgejahres ausscheidet. Wer gleich ein ganzes Gehalt Weihnachtsgeld bekommt, muss sogar bis zum 30. Juni bleiben, wenn er es behalten will. Das 13. Monatsgehalt dagegen darf in jedem Fall behalten werden. Es wird sogar gezahlt, wenn der Mitarbeiter noch vor Jahresende ausscheidet. In diesem Fall wird es anteilig auf das Jahr berechnet. Gerät ein Unternehmen wirtschaftlich in die Krise, darf ein tariflich vereinbartes Weihnachtsgeld nicht angetastet werden. Das ist bei übertariflichen Leistungen anders: Hier kann gestrichen werden. Nicole Heißmann

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