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Ein Restaurator einer Berliner Metall-Restaurierungsfirma trägt neue Farbe auf das Denkmal eines russischen Panzers vom Typ T34 in Kienitz (Märkisch-Oderland, Brandenburg) auf.

© Patrick Pleul/dpa

Weiterbildung: Die Bewahrer

Beim Restaurieren treffen sich Handwerk, Kunstgeschichte und Architektur. Fortbildungen richten sich an unterschiedliche Berufsgruppen – und Quereinsteiger.

Ein Alliierten-Flugzeug auf dem Freiluftgelände eines Berliner Museums, eine ganze ehemalige Großschachtbohranlage im sächsischen Knappenrode oder das M über einem Grabstein am Jüdischen Friedhof in Weißensee. Der Restaurator Dirk Voigtländer mag eigentlich alle „seine“ Objekte, sagt er. Wenn Menschen verstorben sind und Informationen verloren gegangen, wenn ganze digitale Archive nicht mehr abrufbar sind, dann bleiben sie, die Dinge, die man angreifen kann, als die „letzten Zeitzeugen“, so der 38-Jährige.

Restaurator – da denkt man vielleicht zuerst an bröckelnde Kuppeln in Kirchen oder die abgebrochene Nase einer Skulptur. Doch der Beruf, der sich der Erhaltung menschlicher Gegenstände, Kunstwerke, Gebäude und sonstiger Hinterlassenschaften verschreibt, ist mittlerweile sehr vielfältig. Neben der archäologischen Richtung, der Restaurierung von Gemälden und Papier, kann man sich auch auf technische Kulturgüter spezialisieren: Autos zum Beispiel, ganze Industrieanlagen, auch Filme und andere Datenträger werden restauriert.

In Berlin gibt es einen Bachelor

Es gibt verschiedene Wege in den Beruf. Man kann sich etwa nach einer abgeschlossenen Handwerksausbildung – zum Beispiel als Tischler, Maurer oder Karosseriebauer – direkt als „Restaurator im Handwerk“ spezialisieren. Ein Hochschulstudium wie der Bachelor-Studiengang Konservierung und Restaurierung/Grabungstechnik an der HTW Berlin ermöglicht die Arbeit in fachübergreifenden Projekten, wobei auch hier frühere Handwerkserfahrung angerechnet werden kann und von Vorteil ist. Aber auch fertige Architekten, Kunsthistoriker oder Landschaftsplaner sind angesprochen: etwa beim dreisemestrigen postgradualen Master Denkmalpflege der Technischen Universität Berlin, in dessen Zentrum immer ein konkretes Projekt aus Berlin oder Brandenburg steht, zum Beispiel der alte Kaiserbahnhof in Hoppegarten. „Was ist beschädigt?“ fragen sich hierbei die Studierenden. Was können wir erhalten - und wie?

Unter den Quereinsteigern sind Goldschmiede, Steinmetze und Zahntechniker

Quer über die verschiedenen Anbieter hinweg, beim Restaurieren treffen sich Handwerk, Kunstgeschichte und Architektur. Für die Arbeit braucht es technisches Verständnis, sie hat aber auch künstlerische Aspekte und es bedarf natur- und geisteswissenschaftlicher Kompetenz. Wer Erfahrung aus einem der Felder in den Beruf mitbringt, hat auch als Quereinsteiger gute Voraussetzungen. Dirk Voigtländer hatte bei seinem Studium an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin etwa Goldschmiede und Steinmetze als Studienkollegen. Er selbst hat nach einer Zahntechnikausbildung ins Fach gewechselt. Eine Bekannte hatte ihn auf den Studiengang aufmerksam gemacht. Schon lange war er leidenschaftlicher Modellbauer historischer Objekte.

„Aus- und Weiterbildungen zum Restaurator orientieren sich häufig am Material“, sagt Voigtländer: Man spezialisiert sich etwa auf Holz oder Papier. Gerade bei technischen Kulturgütern habe man aber es fast immer mit einem Materialmix zu tun. Als Voigtländer etwa für das Alliiertenmuseum in Berlin eine Hastings TS restaurierte – das Flugzeug steht dort auf dem Museumsgelände im Freien und ist so ständig der Witterung ausgesetzt – sollte er das Metallgehäuse abdichten, aber auch Risse im Kunstleder der Sitze restaurieren. Als selbstständiger Restaurator arbeitet Voigtländer deswegen neben seiner eigenen Werkstatt häufig mit anderen spezialisierten Handwerkern zusammen: wenn Sitze bezogen werden sollen mit Sattlern, oder mit einem Stellmacher, der einen Wagen oder ein anderes Fahrzeug aus Holz herstellt.

Lernen, wie Luftfeuchtigkeit und Klimatisierung auf Gegenstände wirken

Das Studium vermittelte für ihn einen Überblick über nötige praktische Fertigkeiten, Materialkenntnis und Sachkenntnis etwa wie Luftfeuchtigkeit und Klimatisierung auf Gegenstände wirken. Vor allem geht es für Voigtländer aber um den methodischen Ansatz des Restaurierens: im Unterschied zum Renovieren ist beim Restaurieren immer der gepflegte Gebrauchszustand das Ziel. Die Objekte sollen nicht in Schuss gebracht werden wie ein Gebrauchtwagen, der wieder straßentüchtig sein soll. „Es geht darum die Geschichte des Objektes zu erhalten“, sagt Voigtländer. Oft heißt das auch, gerade den Defekt – zum Beispiel die Delle im Kotflügel eines Autos – zu erhalten, wenn die Delle etwa vom Unfall einer berühmten Persönlichkeit erzählt.

Das britische Flugzeug vom Typ Hastings, steht auf dem Freigelände des Alliierten-Museum an der Clayallee in Berlin-Zehlendorf. Restaurator Dirk Voigtländer hat das Metallgehäuse abgedichtet und die Kunstledersitze restauriert.
Das britische Flugzeug vom Typ Hastings, steht auf dem Freigelände des Alliierten-Museum an der Clayallee in Berlin-Zehlendorf. Restaurator Dirk Voigtländer hat das Metallgehäuse abgedichtet und die Kunstledersitze restauriert.

© Thilo Rückeis

Dass der restaurierte Gegenstand aber in irgendeiner Form genützt werden kann, sei trotzdem im Interesse des Restaurators, so Voigtländer. Denn jede Nutzungsmöglichkeit erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass es Interessenten gibt das Objekt überhaupt zu erhalten. Etwa bei einer Fußgängerbrücke. Bei Gebäuden entstehen dadurch auch ganz eigene Aufgaben: Wie lassen sich etwa Denkmalschutz und Restaurierung mit Strom- und Internetkabeln und energetischen Fenstern vereinen? Auch hierzu gibt es spezielle Weiterbildungen.

Aufträge bekommt Dirk Voigtländer häufig von Museen, aber auch von Privatpersonen, die einen Oldtimer, ein spezielles Feuerzeug oder ein asiatisches Ornament erhalten wollen. Voigtländer hat sich zusätzlich ein zweites Standbein aufgebaut, indem er auch historische Modelle für Ausstellungen anfertigt. Gerade baut er zum Beispiel an einem sehr aufwändigen Holzmodell des britischen Kriegsschiffs „Sovereign of the Seas“ aus dem Jahr 1637 für das Technische Museum. Er fertigt auch Reproduktionen von alten Rücklichtern oder Radioknöpfen aus Bakelit an. Hier kommen ihm seine Zahntechnik-Kenntnisse im Formenbau zugute. Manchmal klingelt aber auch das Telefon und es ist nur ein Hobby-Bastler oder Hobby-Restaurator, der meint sich einen Tipp holen zu können, erzählt Voigtländer.

Fragen an das Objekt stellen

Für den Profi stehen am Anfang jedes Auftrages immer Fragen an das Objekt: warum sieht es so aus? Hat sich jemand dabei etwas gedacht? Gibt es vergleichbare Exponate oder ist das ein Fehler? Dabei helfen Unterlagen aus Archiven, alte Typenbeschreibungen und die Erzählungen des Kunden. Dann macht sich Voigtländer an die Arbeit – entfernt zum Beispiel bei einem Militär-LKW vorsichtig den Rost auf dem Lack und findet so darunter den ursprünglichen Farbton.

Auch privat für sich restauriert Dirk Voigtländer immer wieder Dinge: Sein persönliches Langzeitprojekt ist einen Bauernhof. Dort heißt es Dach decken, das Innere gestalten und die Fenster dämmen. Das alte Haus mit seinen verschiedenen Zu- und Umbauten erzählt die Geschichte mehrerer Generationen, die zwischen 1850 und 1920 das Haus immer wieder angepasst haben. Voigtländer will, dass diese verschiedenen Phasen sichtbar bleiben .

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