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Wirtschaft: Weltwirtschaft leidet unter Sars-Virus

Asiatische Entwicklungsbank rechnet mit Wachstumseinbußen von bis zu einem Prozentpunkt allein für Asien

Berlin (pet). Die hochansteckende Lungenkrankheit Sars könnte die Weltwirtschaft weiter schwächen und vor allem China mit einem deutlichen Wachstumseinbruch bedrohen. Wegen der schnellen Ausbreitung der Lungenseuche hat die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) am Montag in Manila ihre Prognose für Asien (ohne Japan) zurückgenommen und erwartet jetzt nur noch ein Wachstum von 5,3 Prozent. Im Dezember war die Bank noch von 5,6 Prozent ausgegangen. Falls die Seuche nicht bis Mitte Mai unter Kontrolle gebracht werde, könnten die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Asien noch deutlicher ausfallen, befürchtet die Bank.

Asien galt bislang als dynamischer Wachstumsmotor der insgesamt schwächelnden Weltwirtschaft. Vor allem in den 1,3 Milliarden Menschen umfassenden chinesischen Markt haben viele westliche Länder ihre Wachstumshoffnungen gesetzt und viel Geld investiert. Allein im vergangenen Jahr flossen 52,7 Milliarden Dollar an ausländischen Direktinvestitionen in das Land der Mitte – und damit erstmals mehr als in jedes andere Land der Welt. Doch seit die Seuche Ende 2002 im Süden Chinas ausgebrochen ist und sich schnell ausbreitet, fragen sich immer mehr Investoren, wie sicher ihr Geld noch angelegt ist. Weltweit sind an Sars bis zum Montag 5300 Menschen erkrankt, 318 Menschen starben bisher. Am stärksten betroffen ist China. Allein in der Hauptstadt Peking sind 1199 Menschen infiziert. Die Weltgesundheitsorganisation geht nach Angaben vom Montag davon aus, dass die Krankheit in China ihren Höhepunkt noch immer nicht erreicht hat.

Die wirtschaftlichen Folgen für die Region sind gravierend. „Es ist vor allem die Ungewissheit, die die Wirtschaft lähmt“, sagte Dean Spinanger, Experte für internationale Handelsbeziehungen am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, dieser Zeitung. Aus Angst vor Ansteckung trauten sich die Menschen nicht mehr, in Restaurants zu gehen, kauften nur noch das Notwendigste ein und reisten nicht mehr. Wie stark das Wachstum der Region durch Sars beeinträchtigt werde, hänge entscheidend davon ab , ob die chinesische Regierung bei der Bekämpfung der Seuche energisch genug durchgreifen werde, sagte Spinanger. „Wenn es innerhalb von sechs Monaten nicht gelingt, die Seuche unter Kontrolle zu bekommen, sind tiefgreifende wirtschaftliche Auswirkungenzu erwarten“, sagte der Experte.

China ist das am stärksten boomende Land der Welt. Während ostasiatische Schwellenländer wie Südkorea, Singapur, Thailand und Taiwan im vergangenen Jahr durchschnittlich um 4,5 Prozent gewachsen waren, legte China nach Angaben unabhängiger Institute um acht Prozent zu. Nach offiziellen Angaben der chinesischen Regierung, denen Experten wegen oft allzu optimistischer Angaben aber nicht trauen, lag das Wachstum sogar bei 9,9 Prozent. Hauptträger des Wachstums sind der Export und der Konsum. Für dieses Jahr haben unabhängige Experten in China bislang ein Wachstum von rund sieben Prozent erwartet. Die Asiatische Entwicklungsbank geht wegen Sars jetzt von einem schwächeren Wachstum aus. Unter der Voraussetzung, dass die Auswirkungen der Lungenseuche nur noch bis Mitte Mai zu spüren seien, werde das Wachstum um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte geringer ausfallen, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Bericht der Bank. Sollte die Krankheit aber länger andauern, könnten die Einbußen sogar 0,5 bis einen Prozentpunkt betragen.

Aber auch Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft schließen Ökonomen inzwischen nicht mehr aus. „China ist zwar besonders groß, die Effekte sind deutlicher spürbar als in anderen Ländern“, sagte Günter Weinert, Handelsexperte vom Hamburgischen WeltWirtschafts- Archiv, dieser Zeitung, „aber in geringerem Maße könnten auch andere Wirtschaftsräume betroffen sein.“ Das sei auch davon abhängig, ob und wie schnell sich die Seuche in anderen Ländern wie Kanada ausbreiten werde.

Die amerikanische Notenbank verzeichnet in ihrem jüngsten Beige Book, einer Betrachtung regionaler Wirtschaftstätigkeit, erste Auswirkungen von Sars auf die US-Wirtschaft. In San Francisco gebe es weniger Hotelbuchungen. Im texanischen Dallas sei der Flugverkehr zurückgegangen. Erheblich Geschäftseinbußen habe es auch in den Chinesenvierteln der amerikanischen Großstädte gegeben. Die US-Bank JP Morgan rechnet damit, dass die Lungenkrankheit Sars die Weltwirtschaft bis zu 30 Milliarden Dollar (rund 27,3 Milliarden Euro) kosten könnte. Allein China und Korea müssten sich auf Verluste von jeweils zwei Milliarden Dollar einstellen, schätzt die Bank.

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