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Wirtschaft: Wenn der Fiskus Gewinne macht

Im abgelegenen Land der Schafzüchter galt bis Mitte der 80er Jahre eine eigene Zeitrechnung. Die Wirtschaftsleistung bestritten entweder Schafzüchter und Milchbauern – oder eines der vielen staatseigenen, defizitären Unternehmen.

Im abgelegenen Land der Schafzüchter galt bis Mitte der 80er Jahre eine eigene Zeitrechnung. Die Wirtschaftsleistung bestritten entweder Schafzüchter und Milchbauern – oder eines der vielen staatseigenen, defizitären Unternehmen. Das bescherte dem Fiskus enorme Defizite. 1985 lag die Neuverschuldung des Bruttoinlandproduktes (BIP) bei 8,5 Prozent, insgesamt stand das Land mit mehr als 60 Prozent des BIP in der Kreide. Zugleich stagnierte die Wirtschaft, fehlten Jobs und galoppierte die Geldentwertung.

Die Maßnahmen: Ab Mitte der 80er Jahre krempelte die LabourRegierung den Staat von Grund auf um – seither gilt Neuseeland unter Wirtschaftsforschern als das Muster-Reformland schlechthin. Wohnungsgesellschaften, Telekom, Eisenbahn, Ölgesellschaften oder Banken verkaufte der Finanzminister und drückte damit die Staatsverschuldung. Zugleich wurden die Steuern gesenkt – der Satz für die Einkommensteuer wurde auf maximal 33 Prozent halbiert, auch Unternehmen zahlen nur noch halb so viel wie vorher. Zudem geht der Staat heute anders mit dem Geld um: Die Beamten geben das Geld nicht mehr nach den Grundsätzen der althergebrachten, starren Kameralistik aus, sondern nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben. Das gilt auch für Betriebe der Forstwirtschaft oder des TÜV, bei denen der Staat weiterhin eine wichtige Rolle spielt.

Die Folgen: Heute ist die gesamte Staatsverschuldung nur noch halb so hoch wie vor knapp 20 Jahren und liegt bei rund 31 Prozent des BIP. Seit 1994 erzielt der Staat Budgetüberschüsse und steckt das Geld in die Schuldentilgung und in die weitere Senkung der Steuern. Das führt auch zu einem ordentlichen Wirtschaftswachstum – im vergangenen Jahr waren es 4,4 Prozent, in den Jahren davor trotz weltweiter Konjunkturkrise 2,4 und 3,9 Prozent. Allerdings ging der radikale Reformkurs auch zu Lasten der sozial Schwachen – die Ungleichheit in dem Land hat zugenommen. Gleichwohl ist aus dem einst verkrusteten Land eine robuste Volkswirtschaft geworden, die sogar die Asienkrise Ende der 90er Jahre und die jüngste Schwächephase nahezu unbeschadet überstanden hat. Und zukünftigen Herausforderungen – etwa der Alterung – kann das Land dank des großen Budget-Spielraums bestens begegnen. brö

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