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Wirtschaft: Wie Botschaften zu Bildern werden

Kommunikationsdesign ist ein beliebter Studiengang. Berufseinsteiger müssen sich erst mal durchbeißen.

Kommunikationsdesign – wer das hört, hat meist ein konkretes Berufsbild im Kopf: den Grafikdesigner in einer Werbeagentur, der Entwurf nach Entwurf produziert. Arbeitsplatz: natürlich der Rechner. Doch Kommunikationsdesign ist mehr – mehr als Grafikdesign und mehr als Werbung. Etwa konzeptionelles Arbeiten für ein Unternehmen, das seinen Außenauftritt verändern möchte und ein neues Corporate Design braucht. „Vor den ersten Entwürfen ist vor allem eines wichtig: eine umfangreiche Recherche“, sagt Daniela Hensel, Professorin im Studiengang Kommunikationsdesign an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin. Daraus müsse ein Kommunikationsdesigner die stärksten Ideen filtern und komme so Schritt für Schritt zum Entwurf.

Gerade im Corporate Design sind unternehmerische Ziele bei der Gestaltung wichtig. Die Nähe zur Wirtschaft erfahren die Studierenden an der HTW von Anfang an. „Wir wollen sie auf die berufliche Realität vorbereiten“, so Hensel. „Sie sollen möglichst viel Kontakt zu echten Berufssituationen haben.“ Daher ist an der HTW ein dreimonatiges Praktikum inklusive Vorpraktikum im Bachelorstudiengang Pflicht. Eine besondere Idee, wie Studenten und Unternehmen am besten aufeinandertreffen, ist das Recruitment-Event „Fixe Schnitzel“: Hier buhlen Werbeagenturen um die besten Praktikanten von der HTW.

Das Studium ist bewusst breit gefächert. Der Umgang mit Photoshop und HTML gehört genauso dazu wie Illustration, Fotografie und Zeichnen. „Ja, manchmal nehmen auch Kommunikationsdesigner einen Stift in die Hand“, räumt Daniela Hensel ein und lacht. Nicht alles finde am Rechner statt. „Die Wahl des Mediums ist sogar eine wichtige Überlegung auf dem Weg zur Gestaltung“, bestätigt Tim de Gruisbourne. Der 26-Jährige studiert im achten Semester Kommunikationsdesign an der HTW und steht kurz vor dem Bachelorabschluss. „Ich habe mich in der Schule sehr für Technik und die Entwicklung von Dingen interessiert“, sagt er. „Ich wollte etwas mit Erfindergeist machen, das aber auch ästhetische Ansprüche hat.“

Sein Herzblut fließt derzeit in ein besonderes Projekt: die „Werkstatt für Konzeption und Gestaltung – sehen und ernten“, einen gemeinnützigen Verein, der es Studierenden ermöglicht, sich an Projekten aus der beruflichen Realität auszuprobieren. Entstanden ist die Idee aus der großen Nachfrage von Unternehmen an die HTW. Auf der einen Seite tauschen sich die Studierenden untereinander aus, auf der anderen Seite können Projekt-GbR’s gegründet werden, in denen sie als Kommunikationsdesigner tätig werden. „So lernen wir vieles, was im Studium nicht vermitteln werden kann“, erklärt Tim de Gruisbourne, „etwa das Kundengespräch, das Schreiben von Angeboten oder den Umgang mit Zeitmanagement und Timings.“ Das konzeptionelle Arbeiten unterscheidet den Kommunikationsdesigner vom Mediengestalter, denn hierfür sei in einem Ausbildungsberuf selten Zeit, so Daniela Hensel. „Die Aufgabe eines Kommunikationsdesigners fängt nicht erst beim Entwurf an, sondern viel früher.“

Der Studiengang ist beliebt – und wird in Berlin von vielen staatlichen und privaten Hochschulen angeboten (siehe Kasten). An der Kunsthochschule Berlin in Weißensee etwa kommen auf 15 freie Plätze 300 bis 400 Bewerber. „Wir stellen ihnen eine Aufgabe, die sie zuhause bearbeiten können, anschließend werden die Bewerber mit den interessantesten Lösungsansätzen eingeladen“, erklärt Wim Westerveld, Professor für Typografie und Schriftgestaltung an der Kunsthochschule. Nach Prüfung der Mappe und Gesprächen werden die Kandidaten für den Studiengang „Visuelle Kommunikation“ ausgewählt. Wer es schafft, durchläuft wie an der HTW in vier Jahren den Bachelor. Seit einem Jahr wird an der Kunsthochschule auch der einjährige Masterstudiengang angeboten, „eine sehr intensive Zeit“, so Westerveld. Er rät Studierenden dringend dazu. Das biete die Möglichkeit, sich zu spezialisieren und die eigenen Stärken auszuloten: Will ich im Bereich Ausstellungsdesign arbeiten oder in der Werbung? Möchte ich Filme produzieren oder Printprodukte? Illustriere ich Bücher oder fotografiere ich? Erst dann seien Absolventen für den Arbeitsmarkt gerüstet.

„Der Berufseinstieg kann sehr hart sein – vor allem in Berlin“, sagt er ehrlich und macht die Preispolitik auf dem Markt dafür verantwortlich: „Kreative Arbeit wird in Deutschland selten entsprechend entlohnt.“ Oft fänden sich Berufseinsteiger in einem Haifischbecken wieder: „Als Neuling brauche ich Erfahrung und nehme auch weniger gut bezahlte Aufträge an. Dadurch festigen sich die schlechten Preise noch mehr“, erklärt er. Der gebürtige Niederländer hat viele Jahre in seiner Heimat als Designer gearbeitet und kennt die Unterschiede zum europäischen Ausland. „Ich habe manchmal das Gefühl, die deutschen Unternehmen wollen innovative Ideen, aber nichts dafür bezahlen“, kritisiert er. Oft würden Kommunikationsdesigner viel zu spät ins Boot geholt. „Wir bringen das Know-how mit, so lassen sich sogar Kosten einsparen.“ Etwa wenn von Anfang an die Wahl der Medien genau überlegt werde: Brauchen wir zum Beispiel Flyer oder erreichen wir die Zielgruppe besser auf digitalem Weg?

Der Professor appelliert an die Unternehmen, für gute Arbeit auch angemessene Honorare zu zahlen. „Es kann nicht sein, dass junge Kommunikationsdesigner nicht wissen, wie sie ihre Miete zahlen sollen, obwohl sie eigentlich ein volles Auftragsbuch haben“, mahnt der 51-Jährige. Jobs gäbe es viele, doch jeder Absolvent sollte gut überlegen, welche Schritte auf seinem Karriereweg ihn wirklich weiterbringen.

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