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Cloud-Computing: Wikileaks aus der Wolke

Cloud-Computing ist der Name für einen neuen Schritt der Informationstechnik. Warum die Enthüllungsplattform auch ohne Amazon im Geschäft bleiben kann.

Berlin - Amazon war vielen Internetnutzern in Deutschland bisher nur als der weltgrößte Onlinehändler bekannt. Gerade um Weihnachten herum brummt das Geschäft. Damit in der kurzen Hochsaison alles reibungslos läuft, muss Amazon enorme Rechnerkapazitäten aufbauen, die aber im übrigen Jahr weitgehend brachliegen. Die Plattform Wikileaks gehörte bis vor kurzem zu den Kunden. „Amazon ist schon sehr früh dazu übergegangen, seine Infrastruktur, die die meiste Zeit nur zu einem geringen Teil ausgelastet ist, an andere zu vermieten“, sagt Christian Tüffers von der Beratungsfirma Accenture. „Damit gehört Amazon zu den Vorreitern des Cloud-Computing.“

Cloud heißt auf Deutsch Wolke, und Cloud-Computing ist der Name für einen neuen Schritt der Informationstechnik. Im Prinzip geht es darum, dass Firmen künftig IT-Dienstleistungen nur nach Bedarf nutzen und keine eigene Infrastruktur oder Software mehr kaufen müssen. „Der wichtige Unterschied zu bisherigen Modellen ist, dass der Service sofort verfügbar ist und nur für die tatsächliche Nutzung bezahlt werden muss“, sagt Tüffers. Die Kunden sparen Kosten und gewinnen Flexibilität. Wie auch Wikileaks: Die Plattform wechselte zu einem Schweizer Anbieter, nachdem Amazon die Zusammenarbeit beendete. „Die Cloud macht es einfacher, einen Umzug schnell zu realisieren“, sagt Tüffers. Cloud-Services gibt es auf verschiedenen Ebenen. Einmal als reines Infrastrukturangebot wie bei Amazon. Ähnliches bieten auch große Telekommunikationsfirmen an, wie etwa die Telekom-Tochter T-Systems. Eine weitere Ebene sind Anwendungen aus der Wolke. Hier konkurriert zum Beispiel Google mit klassischen Softwareanbietern wie Microsoft oder SAP. „Microsoft baut derzeit neue Rechenzentren etwa in Irland oder den Niederlanden, um sein Angebot ausweiten zu können“, sagt der Accenture-Experte. „Der Vorteil für die Kunden ist die enorme Flexibilität. Und das Geschäftspotenzial für Cloud-Dienste ist sehr groß.“

So schätzt der US-Marktforscher IDC die weltweiten Umsätze mit internetbasierten Anwendungen inklusive der Hardware auf 22,2 Milliarden Dollar in 2010 und auf 55,5 Milliarden Dollar im Jahr 2014. „Der Umsatz auf dem deutschen Markt wird auf über eine Milliarde Euro im Jahr 2010 geschätzt“, heißt es beim Branchenverband Bitkom. „Marktforscher erwarten, dass der deutsche Cloud- Markt bis 2015 auf mehr als acht Milliarden Euro wachsen wird.“ Der Markt entfalte sich gerade. Unter den Akteuren sind die globalen IT-Konzerne, aber auch die Telekommunikationsfirmen und einige mittelständische deutsche Unternehmen wie United Internet.

Cloud-Lösungen werfen jedoch Sicherheitsfragen auf, die auch rund um die Enthüllungen von Wikileaks heiß diskutiert werden. Laut Bitkom herrscht in einzelnen Staaten ein recht unterschiedliches Schutzniveau, wenn Daten in einer Cloud verarbeitet werden sollen. „Deshalb können nationale Bestimmungen vorsehen, dass besonders schützenswerte Daten in bestimmten Territorien nicht oder nur unter besonderen Voraussetzungen verarbeitet werden dürfen“, heißt es beim Verband. In Deutschland gilt ein besonders hoher Datenschutz. Nur geringe Einschränkungen gebe es im EU-Raum, deutliche jedoch hinsichtlich der USA und sonstiger Drittstaaten. Corinna Visser

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