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Wirtschaft: Windige Tipps aus Panama

Kritik an den Aktien-Empfehlungen des Deutschen Investment Reports

Berlin - Wer hätte sie nicht gerne, die brandheißen Börsentipps, mit denen sich in kürzester Zeit ein Vermögen machen lässt? Im Deutschen Investment Report (DIR) können Anleger fündig werden. Unter dem Datum vom 10. April wurden dort zum Beispiel die Aktien der E. Siqia AG aus der Schweiz empfohlen. Aktueller Kurs damals: 0,35 Euro. Kursziel auf drei Monatssicht: ein Euro – eine Verdreifachung. Ende März lag der Kurs noch bei 0,40 Euro, dann ging es bis Anfang Mai steil bergab. Am Freitag lag der Kurs im elektronischen Xetra-Handelssystem der Deutschen Börse bei 0,175 Euro.

Ebenfalls ein Tipp des DIR ist die Tunc Holding AG. Der Kurs damals: 0,35 Euro, Kursziel:180 Prozent innerhalb der nächsten Wochen. In der Tat schoss der Kurs der Aktie Mitte April auf mehr als 0,50 Euro, aktuell liegt er bei 0,42 Euro. Und es gibt noch weitere Gemeinsamkeiten: Beide Unternehmen haben ihren Sitz in der Schweiz, ihre Aktien werden erst seit kurzem in Frankfurt gehandelt, für beide Unternehmen finden sich auf den Börsenseiten keine weiteren Daten. Während Tunc auf E-Mail-Anfrage wenigstens antwortet, verzichtet E. Siqia auch darauf.

Der Verdacht drängt sich auf, dass etwas nicht stimmen kann. Schwere Vorwürfe gegen den DIR erhebt der Schweizer Anlageberater Bernd Otto. 25 Aktienempfehlungen des DIR hat er rückwirkend analysiert. Das Ergebnis: Die Kursverluste nach der Empfehlung lagen bei 90 bis 99 Prozent. Auch die ARD hat auf ihrerer Internetseite Empfehlungen des DIR untersucht und kommt zu dem Ergebnis: auffällige Kursbewegungen.

Doch es ist nicht nur die Qualität der Empfehlungen, die den Ruf des Deutschen Investment Reports schädigen. Wenig vertrauensfördernd sind auch die häufigen Besitzer- und Sitzwechsel des DIR. Derzeit residiert er laut Impressum seiner Internetseite in Panama. Schon da schrillen bei vielen Anlegern die Alarmglocken. Und auch hier blieben E-Mail-Anfragen unbeantwortet. Otto vermutet, dass die Firmeninhaber der empfohlenen Unternehmen schnelles Geld mit dem Verkauf der Aktien machen, die ARD spricht von „Emissionsabzocke“.

Otto spart aber auch nicht mit Kritik an der Deutschen Börse AG in Frankfurt am Main. „Die Deutsche Börse müsste den Anleger schützen, aber das tut sie nicht“, sagt er. „Sie müsste zumindest die Segmente trennen, aber die Deutsche Börse gibt jedem Mist eine Zulassung und dann wird er am Marktplatz Frankfurt oder sogar über Xetra gehandelt.“ Zwar werden die Aktien nur am „Open Market“ notiert, und gelten damit noch nicht als börsennotiert, ein entsprechender Hinweis findet sich sogar auf den Internetseiten der Deutschen Börse. Aber auf solche Feinheiten achten die Anleger nicht, wenn sie das große Geld wittern.

Die Deutsche Börse wehrt sich. Der „Open Market“ sei keine Anlageplattform für Privatinvestoren. „Darauf weisen wir auch hin“, sagt eine Sprecherin auf Anfrage. In der Tat: Will man beispielsweise den Kurs von Tunc auf den Internetseiten der Börse abrufen, erscheint ein Hinweis darauf, dass am „Open Market“ spekulative Papiere gehandelt werden, die sich nur für Anleger mit höherer Risikobereitschaft empfehlen.

Man muss dem Hinweis ausdrücklich zustimmen.Und dennoch überlesen ihn manche Anleger, haben sie doch nur den versprochenen Gewinn vor Augen. So lohnt sich das Geschäft für die Initiatoren und für den Anleger bleibt die alte Börsenweisheit: „Wie mache ich an der Börse ein kleines Vermögen? Indem ich ein großes einsetze.“ Daniel Rhee-Piening

Daniel Rhee-Piening

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