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Wirtschaft: Windkraft boomt

Noch nie gab es so viele Aufträge für die Branche

Berlin - Irgendwie scheint es paradox: Machtpolitisch spielen die Grünen kaum noch eine Rolle, in der deutschen Regierung sind sie nicht mehr vertreten – aber ihrem energiepolitischen Lieblingskind, der Windkraft, geht es derzeit so gut wie lange nicht mehr. „Es herrscht eine richtige Aufbruchstimmung“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Windrad-Herstellers Repower, Fritz Vahrenholt, dem Tagesspiegel. Nie gab es so viele Aufträge, nie war die Windkraft so nah dran an der Rentabilität wie heute.

Entsprechend selbstbewusst präsentiert sich die Branche auf der „Windenergy“, ihrer weltweit größten Messe, die an diesem Dienstag in Hamburg eröffnet wird. Vor allem die hohen Öl- und Gaspreise hätten deutlich gemacht, dass Windkraft wirtschaftlich sein kann, sagt Vahrenholt. Zu Spitzenzeiten ist Wind mit acht Cent je Kilowattstunde schon günstiger als der Spotmarktpreis an der Leipziger Strombörse EEX.

12 000 Besucher werden diesmal zur Windenergy erwartet, im vergangenen Jahr waren es noch 8000. Die Ausstellungsfläche steigt von 21 000 auf 23 000 Quadratmeter, insgesamt 330 Aussteller – davon die Hälfte aus dem Ausland – haben sich angekündigt. Repower präsentiert vor allem seine „MM 92“. Die Anlage mit einem Rotordurchmesser von 92 Metern kann zwei Megawatt Strom liefern und damit knapp 2000 Haushalte versorgen. Damit ist die MM 92 zwar nicht übermäßig groß – andere Windräder schaffen fünf Megawatt. „Aber sie ist die wirtschaftlichste Anlage der Welt in dieser Klasse“, sagt Vahrenholt. In diesem Jahr wollen die Hamburger 35 Stück produzieren, im kommenden sollen es schon mindestens 130 sein. „Die Nachfrage übersteigt unsere Kapazitäten bei Weitem“, sagt Vahrenholt. Damit ist Repower durchaus exemplarisch für die gesamte Branche: „Von einem Käufermarkt haben wir uns zu einem Verkäufermarkt gewandelt“, sagt Vahrenholt.

Träger des Wachstums ist das Auslandsgeschäft. Nach Angaben des Bundesverbands Windenergie (BWE) stiegen die Ausfuhren im vergangenen Jahr von 1,8 auf drei Milliarden Euro. Die Exportquote der deutschen Hersteller beträgt nun 64 Prozent, „und die Nachfrage im Ausland nimmt weiter zu“, sagt BWE-Präsident Peter Ahmels.

In Deutschland selbst werden kaum noch Windmühlen aufgestellt. Nach dem Boom der vergangenen Jahre finden sich immer weniger geeignete Standorte. Auf der Windenergy steht deshalb ein weiterer Trend im Mittelpunkt: die Offshore-Technik für Windräder draußen auf dem Meer. Hier hat Deutschland noch Aufholbedarf. Ein erstes Pilotprojekt vor Borkum hat die Bundesregierung angekündigt, rund 60 Megawatt Strom sollen hier in einem Windpark produziert werden. Größter Knackpunkt ist die Finanzierung; außerdem müssen Kabel durch den Nationalpark Wattenmeer verlegt werden – entsprechend gibt es Naturschutzbedenken.

Trotzdem: Dass die Entwicklung hin zu Offshore-Anlagen noch aufzuhalten ist, glaubt in der Branche niemand. Schließlich lässt sich mit dieser Technik langfristig das meiste Geld verdienen: Ein Windpark mit hundert Anlagen schafft auf hoher See gut und gerne 500 Megawatt – immerhin halb so viel wie ein Atomkraftwerk.

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