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Apollinaris: Wirbel auf dem Wassermarkt

Mit dem weltweit bekannten Mineralwasser Apollinaris will Coca-Cola neue Segmente im drögen Deutschland-Geschäft erobern und gleichzeitig sein Image aufpolieren.

Berlin - Knapp einen Monat vor dem Anpfiff der Fußball- Weltmeisterschaft bläst WM-Großsponsor Coca-Cola zum Angriff. Um sein lange schwächelndes Geschäft auf dem deutschen Markt anzukurbeln, hat der US-Getränkeriese schon das Comeback der Dose ausgerufen und lockt mit einer schlanken Sonderedition mit Porträts der Nationalkicker. Nun soll eine spektakuläre Übernahme den Aktionsradius vergrößern: Durch den Kauf der traditionsreichen Marke Apollinaris stärkt sich der Brausegigant mit einem weltweit bekannten Mineralwasser, das bisher in der Produktpalette fehlte - die Erwartungen sind hoch.

An der strategischen Bedeutung der Apollinaris-Flaschen mit dem roten Dreieck lassen die Manager in der Berliner Deutschland-Zentrale von Coca-Cola keinen Zweifel. Mit einer Präsenz im Wassersegment komme die Vervollständigung des Angebots einen großen Schritt voran, sagte Deutschland-Chef Deryck van Rensburg am Donnerstag. Dabei geht es weniger um Fragen der Menge. Mit jährlich 195 Millionen Litern kommt Apollinaris mit Quellort im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr- Ahrweiler gerade einmal auf sechs Prozent des Volumens, das der US- Konzern hier zu Lande mit seinen Produkten von Cola bis Fanta und Lift absetzt.

Auf dem deutschen Wassermarkt, der in den vergangenen Jahren stark vom Wellnesstrend profitierte, war der Getränkeriese aber bisher nur mit begrenztem Angebot präsent. Die drei Mineralwassermarken Valser, Urbacher und Bad Sodenthaler sind außerhalb ihrer Regionen kaum bekannt. Und die bundesweit erhältlichen Flaschen mit den blauen Bonaqa-Etiketten speist keine Mineralquelle. Das Tafelwasser ist zudem eher in der mittleren Preisklasse angesiedelt. Apollinaris, das schon seit 1895 als Marke mit dem berühmten Slogan «The Queen of Table Waters» eingetragen ist, spielt dagegen in der Bundesliga der Premium-Marken.

Gewinn versprechen sich die Coke-Manager aber nicht nur für das Image. Während Bonaqa vor allem in Supermärkten zu haben ist, hat Apollinaris darüber hinaus eine starke Präsenz in der Gastronomie - gewachsene Kontakte zu Hotels und Gaststätten könnten sich damit auch für neue Geschäfte mit dem übrigen Sortiment auszahlen, erwarten Branchenexperten. Von «neuen Wachstumspotenzialen in verschiedenen Absatzkanälen» spricht auch Damian Gammell, Chef der Konzerntochter Coca-Cola Erfrischungsgetränke (CCE), die das operative Geschäft von Apollinaris übernehmen soll.

Ob die neue Strategie einschlägt, muss sich über die WM hinaus erweisen. Denn die Kosten müssen wieder eingespielt werden. Über den Preis schweigen alle Seiten. In der Branche gilt es aber als wahrscheinlich, dass für ein Geschäft dieser Größe ein dreistelliger Millionenbetrag an die Finanzinvestoren Lion Capital und Blackstone als bisherige Eigentümer fließen wird.

Gebrauchen kann Coca-Cola einen Impuls für das hiesige Geschäft in jedem Fall. Das Dosenpfand machte dem Konzern stark zu schaffen, das Geschäft im weltweit fünftgrößten Markt schrumpfte erheblich. Nachdem der Absatz im ersten Quartal nur noch um ein Prozent nachgab, wächst aber die Hoffnung auf eine Trendwende. Dazu beitragen soll auch eine Straffung der deutschen Aktivitäten, die bisher über selbstständige regionale Abfüller laufen. Nach der Übereinkunft auf grundsätzliche Linien sollen die Verhandlungen nun «zügig» zu einem Ergebnis geführt werden, heißt es in Berlin.

Eine offene Flanke für die Angriffspläne ist derweil der immer noch schwelende Tarifstreit beim größten deutschen Abfüller CCE. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, die eine Beschäftigungs- Sicherung für die 9000 Mitarbeiter fordert, hat schon die Muskeln spielen lassen und drohte auch mit Aktionen zur Fußball-WM. (Von Sascha Meyer, dpa)

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