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Wirtschaftskrise: Autobranche droht Talfahrt

Einst das Zugpferd der deutschen Wirtschaft, bereitet die Automobilindustrie Bundeswirtschaftsminister Michael Glos nun Sorgen. Auch VDA-Präsident Matthias Wissmann sieht seine Branche vor große Probleme gestellt - und die Politik in der Pflicht.

Die Lage der deutschen Autobranche ist in Folge der Konjunkturkrise und des Absatzeinbruchs nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) "besorgniserregend". Es sei zu befürchten, dass sich die Krise sehr bald bei den Beschäftigten bemerkbar mache, sagte Glos am Montag in Berlin nach einem Treffen mit Vertretern der Auto-Industrie, der Zulieferer und des Handels.

Zusätzliche Hilfen für die Branche über die bisher beschlossenen Schritte hinaus seien nicht geplant. Zunächst müsse die Wirkung der eingeleiteten Maßnahmen abgewartet werden. Am Nachmittag wollte Glos Vertreter der Schiffbaubranche treffen. Dort scheine die Situation ähnlich angespannt zu sein wie bei Autobauern und -zulieferern.

Banken müssen Verantwortung zeigen

Glos und der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, kritisierten nicht nur die Kreditvergabe durch Banken als zu zögerlich. Beide zeigten sich auch zunehmend besorgt über den Rückzug von Warenkreditversicherern. Diese legen laut Glos gegenwärtig ein Verhalten an den Tag, so als würde jemand Regenschirme einsammeln, obwohl es regne. Wissmann kritisierte: "Wir sehen zur Zeit mit großer Sorge, dass die Warenkreditversicherer beginnen, sich aus Teilen des Automobilmarktes zurückzuziehen."

Wissmann hat vor den Folgen der internationalen Finanzkrise für die deutschen Autozulieferer gewarnt. So drohe die gesamte Lieferkette durchbrochen zu werden. Die Auswirkungen der Krise auf die Zulieferindustrie "werden immer dramatischer und gefährden Investitionen und Arbeitsplätze", sagte der VDA-Präsident. Die Banken müssten den Firmen die nötigen Kredite für deren Investitionen "zu bezahlbaren Konditionen gewähren", forderte Wissmann. Die Zulieferbranche mit ihren rund 330.000 Beschäftigten sei "das Rückgrat der Automobilindustrie".

Um ihre Kreditvergabe lockern zu können, sollten die Banken das Rettungspaket der Bundesregierung stärker als bisher in Anspruch nehmen, erklärte Wissmann. Dann könnten sie den Zulieferern Darlehen in ausreichendem Maße zur Verfügung stellen. Die Hausbanken wiederum sollten im Zusammenhang mit dem jüngsten KfW-Programm für zinsgünstige Darlehen schnellstmöglich handeln: "Wir appellieren schon an alle Banken, sich ihrer Verantwortung für die Realwirtschaft (...) bewusst zu sein." Viele der meist mittelständischen Unternehmen beklagen seit Wochen die derzeit zögerliche Kreditvergabe der Banken. Der Bundesverband deutscher Banken streitet eine Kreditklemme jedoch ab.

Finanzielle Hilfe und Kaufkraftimpulse vom Staat

Glos schloss zusätzliche staatliche Hilfen für die Branche vorerst aus. Natürlich werde die Entwicklung beobachtet. "Wir wollen auf jeden Fall die tiefen Einbrüche (...) vermeiden." Zur möglichen Bürgschaft für den Autobauer Opel sagte Glos, es sei nach wie vor eine ganze Reihe Fragen zu klären. "Es wird daran gearbeitet."

Wissmann sagte mit Blick auf Milliardenhilfen Frankreichs für die Zulieferer, der VDA fordere keine "großen Subventionsfässer" und keinen "Subventionswettlauf". Neben den Banken sei aber auch die Politik gefordert, ihren Beitrag zur Stärkung der Autoindustrie zur leisten und Kaufkraftimpulse zu geben, erklärte er. Die Bundesregierung müsse die Neubemessung der Kfz-Steuer nach dem Kohlendioxid-Ausstoß von Autos endlich unter Dach und Fach bringen. "Die Menschen wollen Klarheit, wie es weitergeht mit der CO2-basierten Kfz-Steuer", so Wissmann.

Die Bundesregierung plant für 2011 die Umstellung der Besteuerung vom Hubraum auf den Schadstoffausstoß. Die Gestaltung soll im ersten Halbjahr 2009 erarbeitet werden. Glos bekräftigte das Ziel, schnell Klarheit zu schaffen. "Das müsste bei gutem Willen möglich sein."

In der Autoindustrie unmittelbar sind insgesamt 750.000 Beschäftigte tätig. Wissmann sprach von der "tiefsten Krise seit 1993". Die deutsche Autobranche habe den Ehrgeiz, aus der Krise gestärkt herauszukommen. Das Letzte, was gekürzt werden solle, seien Forschung und Innovation.

Auch schwedische Autobauer benötigen Staatshilfen

Derweil haben die angeschlagenen Autobauer General Motors (GM) und Ford Schweden um Staatshilfen für ihre schwedischen Töchter Saab und Volvo gebeten, wie die Financial Times Deutschland am Montag berichtet. Es gehe darum, die Zahlungsfähigkeit der beiden Unternehmen zu sichern. Die schwedische Regierung erwäge, für Saab und Volvo 195 Millionen Euro in Form von direkter Hilfe oder Bürgschaften zur Verfügung zu stellen.

Es wird erwartet, dass GM und Ford im Gegenzug umfassende Sanierungskonzepte umsetzen müssen. Laut Medienbericht ist es auch möglich, dass GM und Ford in eine Trennung von den schwedischen Töchtern Saab und Volvo einwilligen könnten.

Am Montag bestätigte der schwer angeschlagene US-Konzern Ford, den Verkauf von Volvo zu erwägen. Die Prüfung der Optionen für Volvo werde einige Monate dauern, teilte Ford mit. Schon jetzt werde aber damit begonnen, den schwedischen Autobauer eigenständiger zu machen. Volvo hatte Ford zuletzt Verluste gebracht.

In Deutschland benötigt auch die GM-Tochter Opel Geld vom Staat. Bis Weihnachten will die Bundesregierung über eine Bürgschaft in Höhe von einer Milliarde Euro entscheiden. (jar/dpa/AFP)

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