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© dpa

Wirtschaftskrise: Meck-Pomm statt Mallorca

Immer mehr Deutsche verbringen ihren Urlaub in der Heimat - und versuchen dabei zu sparen. Gut für die einheimischen Hoteliers, doch die leiden unter dem Ausbleiben der Geschäftsleute.

Berlin - Leere Kassen, volle Strände. In der Wirtschaftskrise machen immer mehr Deutsche Urlaub im eigenen Land. Im Vergleich zum Vorjahr sind im Juni die Gästezahlen um fünf Prozent gestiegen, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte. Insgesamt 31,2 Millionen einheimische Gäste haben im ersten Ferienmonat 2009 in Hotels, Pensionen und auf Campingplätzen übernachtet. „In Krisenzeiten setzen die Menschen sich eben eher spontan ins Auto und fahren ans Meer“, sagt Stefanie Heckel vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Deutschland könne als Reiseland mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis, seiner perfekten Infrastruktur und kurzen Anfahrtswegen überzeugen. Beliebtestes Ziel sei die Ostseeküste, dort seien Unterkünfte jeder Kategorie nahezu ausgebucht. Davon profitiert vor allem Mecklenburg-Vorpommern: Nirgendwohin in Deutschland kommen mehr Urlauber pro Einwohner.

Aus dem Ausland zog es dagegen deutlich weniger Urlauber und Geschäftsreisende nach Deutschland, ihre Zahl sank im ersten Halbjahr um acht Prozent auf 4,8 Millionen. „Bei den ausländischen Touristen bleiben vor allem die britischen, amerikanischen und kanadischen Urlauber weg“, sagt Nicole Habrich vom Deutschen Tourismusverband (DTV). Menschen aus Ländern, die von der Wirtschaftskrise hart getroffen sind, hielten sich mit Buchungen in Deutschland klar zurück. Damit ist ein Trend gestoppt: Seit 2003 war die Zahl der Übernachtungen ausländischer Touristen stets stärker gestiegen als die inländischer Gäste.

Die Bilanz des Statistischen Bundesamts für das erste Halbjahr fiel daher insgesamt eher schlecht aus: Von Januar bis Juni verbuchten Hotels, Pensionen und Campingplätze nur noch 162,6 Millionen Übernachtungen, im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von zwei Prozent. Der Dehoga rechnet für das Gesamtjahr mit einem Umsatzeinbruch von fünf Prozent und einem Rückgang der Übernachtungen in gleicher Höhe. Deshalb sagt Heckel: „Die Krise hat die deutsche Hotellerie erreicht.“ Die Zimmerauslastung sei im ersten Halbjahr um 7,3 auf 57,7 Prozent gesunken. Besonders betroffen seien Hotels, die sich auf Businesskunden, Konferenzen und Tagungen spezialisiert hätten. Die Unternehmen würden in der Krise auf Veranstaltungen entweder ganz verzichten oder sie deutlich verkürzen. Aus Kostengründen setzten sie auch vermehrt auf Telefon- und Videokonferenzen. Hotels in München, Frankfurt am Main und Düsseldorf seien die Leidtragenden.

Aber auch bei deutschen Urlaubern liegt Sparen im Trend. Wer seine Ausgaben in den Ferien kontrollieren wolle, der greife jetzt auch bei Inlandsreisen verstärkt bei All-Inclusive zu, so DTV-Sprecherin Habrich. Kollegin Heckel stößt ins gleiche Horn: Im Sommer werde nach wie vor weggefahren; Kosten reduzierten Urlauber bei Ausgaben für Unterkunft, Verpflegung und Ausflüge. „Die Deutschen sparen nicht am, sondern im Urlaub.“ Ganz gestrichen würde im Sommer keine Reise, aber: „Der Zweit- und Dritturlaub, die kurze Stadtreise im Frühling oder Herbst. Daran wird gespart“, sagt Heckel.

Ein Krisengewinner sind die Campingplätze. Hier stiegen die Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahr um 7,3 Prozent auf 4,9 Millionen. Schweinegrippe und Terrorangst haben die Reisepläne der Deutschen bisher kaum beeinflusst. Trotz der neuen Anschläge halten die meisten Mallorca-Urlauber an ihren Reiseplänen auf die Ferieninsel fest.

Auch Berlin bleibt eine Reise wert. Nach Angaben des Berliner Dehoga lag die Zimmerauslastung in diesem Jahr mit 65,8 Prozent gut acht Prozent über dem Bundesdurchschnitt und nur ein Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Geschäftsführer Thomas Lengfelder ist für das zweite Halbjahr optimistisch: „Berlin hat wieder zahlreiche Messen und Großveranstaltungen zu bieten. Das bringt immer eine Menge Leute in die Stadt.“ Zur Leichtathletik-WM werde Berlin wieder weltweit in den Fokus rücken. Ein Problem seien für viele Hoteliers aber die gesunkenen Zimmerpreise: Einer Umfrage zufolge sind diese in Berlin innerhalb eines Jahres um 15 Prozent gefallen.

Adrian Pickshaus

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