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Wirtschaftskrise: Pleitewelle im Mittelstand kostet 700.000 Jobs

Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft wieder kräftig wachsen. Dem Mittelstand nützt das offenbar wenig. Kreditklemme verschärft sich und führt 2010 zu mehr Pleiten als im laufenden, schätzen Experten.

München - Allein im deutschen Mittelstand gehen 2009 rund 700 000 Stellen durch Unternehmenspleiten verloren. Das schätzt die Beratungsorganisation Creditreform. Der Höhepunkt der Pleitewelle drohe 2010 mit 40 000 Insolvenzen nach voraussichtlich 35 000 in diesem Jahr. 2008 hatten knapp 30 000 Firmen aufgeben müssen. Zunehmend problematischer wird von den Firmen die Finanzierungssituation empfunden, sagte Creditreform-Chef Helmut Rödl am Mittwoch in München. Das bestätigte auch die jüngste Umfrage des DIHK unter 20 000 Firmen. Weil Banken künftig als Reaktion auf die Finanzkrise mehr Eigenkapital vorhalten müssen, werde das ihre Kreditvergabe massiv drosseln. Das wiederum drohe jeden Aufschwung abzuwürgen, befürchtet Creditreform.

Aktuell sei die Stimmung und Lage im Mittelstand zwar leicht besser als noch vor einem halben Jahr und es sei nicht so schlimm gekommen wie befürchtet. „Das Eis ist aber sehr dünn“, sagte Rödl. Entscheidend für die weitere Entwicklung sei die Finanzierung der Betriebe in einem beginnenden Aufschwung. Hier ist der Mittelstandsvertreter pessimistisch. Investitionswillige Firmen mit guter Auftragslage erhielten schon jetzt oft keine Kredite und würden dadurch ausgebremst. Fast jeder fünfte Betrieb habe deshalb schon eine Investition aufgeben müssen. Binnen sechs Monaten erwartet Creditreform eine Verschärfung der Lage. „Das wird problematischer, als wir vermutet haben“, sagte Rödl.

Vor allem Kleinbetriebe und Großkonzerne seien betroffen. Wegen der wegbrechenden Gewinne könnten sich die Firmen immer weniger aus eigener Kraft finanzieren. Beim Eigenkapital seien schon jetzt 1,2 Millionen Unternehmen unterfinanziert.

Drei Viertel aller Mittelständler wollten zwar trotz globaler Rezession ihren Personalstand halten, betonte Rödl. Doch alles in allem gingen 550 000 Arbeitsplätze im Mittelstand dieses Jahr direkt durch Pleiten verloren. Als Dominoeffekt kämen weitere 140 000 Stellen bei in Mitleidenschaft gezogenen Geschäftspartnern dazu. Den gesamtwirtschaftlichen Schaden dadurch bezifferte Rödl auf gut 40 Milliarden Euro. Zuletzt aufkeimende Hoffnungen auf ein Ende der Krise seien nur ein „zartes Pflänzchen“, das von der weiterhin prekären Lage bei den Banken erstickt zu werden drohe. Derzeit verhindere nur der stabile Binnenmarkt Schlimmeres, wovon vor allem Einzelhandel und Bau profitierten. tmh

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