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„Halleluja Berlin, alle wollen dahin“, sang schon der Komiker Rainald Grebe. Die Einwohnerzahl der Hauptstadt wächst.

© Kitty Kleist-Heinrich

Wirtschaftspotenzial: Berlin ist arm, aber dynamisch

Die Hauptstadt hat sich in Zeiten der Krise gut geschlagen. Berlin ist nach Brandenburg die aufstrebendste Wirtschaftsregion Deutschlands – bei geringem Wohlstand.

Berlin - Sie ließ in den meisten Bundesländern Deutschlands die Wirtschaftsleistung massiv einbrechen und etliche Arbeitsplätze verschwinden: Die Finanzkrise traf besonders die exportstarken Regionen mit viel Industrie. Berlin dagegen, das seit jeher eine schwache Wirtschaftsleistung und eine hohe Arbeitslosigkeit vorzuweisen hat und um jeden Industriearbeitsplatz kämpft, wurde weit weniger hart getroffen.

Eine Studie der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft bestätigt nun, dass Berlin sich in Zeiten der Krise gut geschlagen hat: Die Hauptstadt ist der Untersuchung zufolge nach Brandenburg derzeit die aufstrebendste Wirtschaftsregion Deutschlands. Für den Vergleich der Dynamik schauten sich die Wissenschaftler die Entwicklung der Bundesländer gerade in den Jahren 2007 bis 2010 an, wo die Finanzkrise für große Verwerfungen sorgte. Rund hundert Indikatoren gingen in den Vergleich ein – etwa Produktivität, Arbeitslosenquote und Jobversorgung.

„Berlin hat einen schwierigen Strukturwandel bewältigt und ist mitten im Aufholprozess“, kommentierte der Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) die Studie. Das gute Abschneiden sei eine „Bestätigung der Berliner Wirtschaftspolitik mit ihrer Innovationsstrategie, der Clusterbildung in den Zukunftsfeldern, dem Masterplan Industriestadt und dem Unternehmensservice“, sagte Wolf.

Die Hauptstadt verzeichnete in mehreren Bereichen Erfolge. In Berlin stieg die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 2007 und 2010 um 5,1 Prozent und damit am deutlichsten von allen Bundesländern. Die Jahreswirtschaftsleistung legte gar um sechs Prozent zu. Ganz Deutschland büßte in diesem Zeitraum im Schnitt 0,3 Prozent des realen Bruttoinlandsproduktes ein. Zudem trotzte die beliebte Metropole der Demografie. Wo andernorts die Bevölkerungszahlen sanken, stiegen sie in Berlin um mehr als ein Prozent. Besonders erfreulich für die Stadt: Auch die Industrie legte in diesen drei Jahren kräftig zu. Die Exportquote stieg von 2007 bis 2010 um 13,4 Prozentpunkte, der Rest der Republik brachte es gerade einmal auf einen Anstieg um 1,2 Prozentpunkte.

Zugleich – trotz aller Erfolge – ist aber die Wirtschaftskraft Berlins weiter eine der niedrigsten in der Republik, die Hauptstadt landet auf Platz 15 aller Länder, nur noch gefolgt von Sachsen-Anhalt. Ein Blick auf die Arbeitslosenquote von 13,6 Prozent zeigt, dass es um den Wohlstand der Stadt schlecht bestellt ist. Zum Vergleich: Im Bundesdurchschnitt liegt die Arbeitslosenquote nur bei 7,7 Prozent. Bei den Hartz-IV-Empfängern ist das Bild ähnlich: In Berlin sind mit 12,8 Prozent fast doppelt so viele Menschen abhängig von staatlicher Hilfe wie der Durchschnitt der Republik. Die Zahlen zeigten, dass „der Aufschwung noch nicht bei allen ankommt“, sagte Wolf. Die Autoren der Studie bemängelten auch die hohe Zahl der Straftaten in Berlin und eine rückläufige Aufklärungsquote.

Hoffnung, dass die Hauptstadt bald auch bei der Wirtschaftsleistung einen besseren Platz erreicht, macht den Autoren zufolge der hohe Anteil an Hochschulabsolventen und Ingenieuren in Berlin.

Das Nachbarland Brandenburg landete im Dynamikranking auf dem ersten Platz. Hier sehen die Autoren die vielen Biotechnik-Unternehmen und den Großflughafen BBI als Treiber. Zudem besserte sich nirgendwo die Jobversorgung so stark wie hier. Man werde nun die Verknüpfung von Wirtschaft und Innovation besonders in den Clustern gemeinsam mit Berlin vorantreiben, sagte der brandenburgische Wirtschaftsminister, Ralf Christoffers.

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