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Wirtschaft: Wissen wird immer mehr zum Produktionsfaktor

Bundesrepublik in der Spitzengruppe / Jeden Tag erscheinen weltweit 20 000 PublikationenVON TIM KÖHLERAlle fünf bis sieben Jahre verdoppelt sich das global verfügbare Wissen.Jeden Tag erscheinen weltweit mehr als 20 000 Publikationen.

Bundesrepublik in der Spitzengruppe / Jeden Tag erscheinen weltweit 20 000 PublikationenVON TIM KÖHLERAlle fünf bis sieben Jahre verdoppelt sich das global verfügbare Wissen.Jeden Tag erscheinen weltweit mehr als 20 000 Publikationen.Und derzeit arbeiten soviel Wissenschaftler auf der Welt wie alle Wissenschaftler in den letzten 2000 Jahren zusammengenommen.Die Zahl der Computer mit Internetzugang verdoppelt sich weltweit etwa alle 15 Monate.Wird der Einzelne angesichts dieser Flut von Informationen nicht erschlagen? Kann zuviel Information handlungsunfähig machen? Oder anders gesagt: Wie können wir es schaffen, von "Wissenszwergen zu Informationsriesen" zu werden, das heißt die vorhandene Fülle von Informationen in unseren Köpfen zu verarbeiten und positiv zu verwenden? "Information ist nicht dasselbe wie Wissen", erklärte der Konstanzer Philosoph und Wissensexperte Jürgen Strasser im Rahmen eines Kongresses zur Zukunft der Wissensgesellschaft in Bonn.In der modernen Informationsgesellschaft gehe es darum, die täglich produzierte Informationsflut zur eigenen Orientierung und eigenem Handeln zu nutzen.Heutzutage könne es nicht mehr nur darum gehen, die Welt wie sie ist, zu erforschen.Angesichts der modernen Technologien sei es heute ebenso wichtig, die Welt "zusammenzuhalten", so Strasser."Wir brauchen mehr als nur Fakten, sondern auch Verstand und Vernunft. Der nächste Schritt - das verantwortungsbewußte Handeln - macht die moderne Informationsgesellschaft zur Leonardo- Welt." Leonardo-Welt deshalb, weil der berühmte Leonardo da Vinci Wissenschaftler, Ingenieur und Künstler in einer Person war."Das sind wir heute alle", erklärte der Philosoph. Alles ist heute menschengemacht.Es gibt keine unberührte Natur mehr.Mit Gentechnik und Reproduktionsmedizin läßt sich heute sogar die Natur des Menschen verändern.Immer mehr Forschung muß dazu verwendet werden, um mit den Folgen früherer Forschung fertigzuwerden.Umweltforschung, Energieforschung, Gesundheitsforschung sind Beispiele hierfür."Da unsere Probleme nicht stehenbleiben, sind wir dazu verdammt, mit unserer täglichen Wissensproduktion ebenfalls nicht stehenzubleiben", analysierte Strasser.Dabei müsse auch weiterhin in die Grundlagenforschung investiert werden, "allerdings in solche, die die Berührung mit der Welt und deren Problemen nicht scheut.Elfenbeintürme passen nur noch bedingt in die Architektur der Leonardo-Welt". Der Einzelne weiß immer weniger von den Dingen, und ist deshalb immer mehr auf das spezielle Wissen von anderen - meist Experten - angewiesen."Teamgeist tritt heute an die Stelle von Geniekult", referierte der Bildungs- und Forschungsminister Jürgen Rüttgers.Das Wissen als Produktionsfaktor wird im internationalen Wettbewerb immer wichtiger.Wissen ist der einzige Rohstoff auf der Welt, der durch Gebrauch immer wertvoller wird.Der Wissensumfang nimmt immer mehr zu, seine Gültigkeitsdauer immer mehr ab; für die Unternehmen, aber auch für jeden einzelnen wird die Investition in Wissen immer wichtiger, formuliert Rüttgers."Wer den ökonomischen Erfolg will, muß in Bildung und Wissenschaft investieren", so Rüttgers.Deutschland sei dabei führend, in kaum einem anderen Land der Erde sei das durchschnittliche Bildungsniveau so hoch wie hierzulande. Wissen ist unbegrenzt.Und die Informationsgesellschaft führt zur Auflösung althergebrachter und gewohnter Lebensformen.Die neuen Informationstechnologien verändern die Arbeitswelten grundlegend.(Stichwort: Telearbeit).Daß in diesem Zusammenhang die Naturwissenschaften auf Kosten der Geisteswissenschaften einen immer größeren Raum in der Forschungslandschaft einnehmen, ist nach Meinung des Forschungsministers kein Grund zum Jammern: "Es geht nicht um einzelne Wissenschaftszweige.Heute sind überall interdisziplinäre Diskussionen notwendig.Und: Mehr Selbständigkeit ist gefordert.Die Novelle des Hochschulrahmengesetzes ist dabei ein Schritt in die richtige Richtung.Daß die Hochschulen selbst lieber Geld statt Selbständigkeit forderten, hat sie nicht gerade zu brillanten Vordenkern der Reform gemacht," erklärte Rüttgers.

TIM KÖHLER

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