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DGB-Studie: Zeitarbeit in der Krise

Keine andere Branche hat in der Wirtschaftskrise so massiv entlassen wie die Leiharbeitsunternehmen. Sie kämen größtenteils ihrer „beschäftigungspolitischen Verantwortung“ nicht nach, kritisiert Arbeitsmarktexperte Wilhelm Adamy.

In der Wirtschaftskrise hat keine andere Branche so viele Arbeitsplätze abgebaut wie die Zeitarbeit. Zu diesem Ergebnis kommt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einer Analyse, in der die jüngsten Statistiken der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet wurden. „Dem Leiharbeitsboom folgen jetzt massive Entlassungen“, schreibt Wilhelm Adamy, Leiter des Bereichs Arbeitsmarktpolitik, in dem Papier mit dem Titel „Vom Jobmotor zum Jobkiller“.

Die Leiharbeitskräfte würden jetzt noch schneller entlassen, als sie bei guter Konjunktur eingestellt wurden, heißt es weiter. Während die Zahl der Beschäftigten im Verleihgewerbe zwischen April 2008 und 2009 um knapp ein Viertel (23,6 Prozent) abgenommen habe, sei die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung insgesamt nahezu konstant geblieben (plus 0,3 Prozent).

Nach dem Boom nun der Einbruch

Nach der Liberalisierung der Leiharbeit erlebte die Branche in den letzten Jahren einen Boom: Ihren bisherigen Höchststand verzeichnete sie im Juli 2008 mit 722 500 Arbeitskräften. Doch durch die Krise gingen mehr als 200 000 Jobs verloren. Im April 2009 – aktuellere Daten sind derzeit nicht verfügbar – waren nur noch 508 900 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Mitarbeiter in Lohn und Brot. „Auch wenn die Branche im Dienstleistungssektor teils immer noch expandiert, hat sich die Beschäftigtenzahl bis April um 30 Prozent verringert“, analysiert Adamy. Die Zahl dürfte zwischenzeitlich unter die Marke von 500 000 gesunken sein, schätzt der DGB-Arbeitsmarktexperte.

Obwohl die Unternehmen in den letzten Jahren „enorm hohe“ Gewinne eingefahren hätten, kämen sie nun in der Krise größtenteils ihrer „beschäftigungspolitischen Verantwortung“ nicht nach, kritisiert Adamy. So hat der Bund für die Qualifizierung der Leiharbeitskräfte 200 Millionen Euro aus der Arbeitslosenversicherung zur Verfügung gestellt. Wenn Verleihbetriebe Mitarbeiter wieder einstellen und sie qualifizieren, übernehmen die Arbeitsagenturen bis zu 100 Prozent der Lohnkosten sowie die Kosten der Weiterbildungsmaßnahmen. Doch im ersten Halbjahr 2009 wurden laut DGB erst 0,3 Prozent dieser Mittel abgerufen, etwa 500 000 Euro. „Das speziell auf die Verleiher ausgerichtete Sonderprogramm zur Qualifizierung wird von der Branche links liegen gelassen und ist bisher bedeutungslos“, analysiert Adamy.

Die vergangenen vier Wochen machten Hoffnung

Auch die Kurzarbeit wird von den Leiharbeitsfirmen nur unterdurchschnittlich genutzt. So waren laut der DGB-Analyse im März dieses Jahres mit 16 412 Personen lediglich 2,3 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Leiharbeitskräfte in Kurzarbeit. In der gesamten Wirtschaft lag die Quote mit 4,1 Prozent doppelt so hoch. Im von der Krise besonders betroffenen Fahrzeugbau waren es sogar 21,1 Prozent.

Nach Angaben des Bundesverbands Zeitarbeit (BZA) ist dieser Anteil jedoch gestiegen. Bereits im April seien 28 000 Beschäftigte in Kurzarbeit gewesen. Die Unternehmen dürften das Instrument außerdem erst seit März überhaupt nutzen, sagte ein Sprecher. Bislang würden kleinere Unternehmen stärker auf Kurzarbeit zurückgreifen als größere.

Die Arbeitgeberverbände der Branche hoffen ohnehin, dass es allmählich wieder aufwärtsgeht. Der Arbeitgeberverband IGZ berichtet, dass die Auftragslage sich in den vergangenen vier Wochen verbessert habe. Auch nach Angaben des BZA, der gut 2000 Unternehmen vertritt, ist die Zahl der Zeitarbeiter im Juni erstmals seit zwölf Monaten wieder gestiegen. Von einer Trendwende will der Verband allerdings noch nicht sprechen: Ob der Anstieg saisonal bedingt sei oder auf eine verbesserte Konjunktur zurückzuführen, könne man noch nicht abschätzen.  

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