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Wirtschaft: Zeitarbeitsfirmen: Hartz-Reform läuft falsch Branche kritisiert die neuen Personal-Service-Agenturen und wirft ihnen Missbrauch von Subventionen vor

Berlin (brö/asi). Große deutsche Zeitarbeitsfirmen haben die Einrichtung der neuen PersonalService-Agenturen (PSA) als verfehlt kritisiert und werfen vielen von ihnen die Zweckentfremdung von Subventionen vor, die eigentlich zur Weiterbildung Arbeitsloser gedacht sind.

Berlin (brö/asi). Große deutsche Zeitarbeitsfirmen haben die Einrichtung der neuen PersonalService-Agenturen (PSA) als verfehlt kritisiert und werfen vielen von ihnen die Zweckentfremdung von Subventionen vor, die eigentlich zur Weiterbildung Arbeitsloser gedacht sind. In einer Tagesspiegel-Umfrage am Mittwoch erklärten sie, die im Zuge der Hartz-Reformen entstandenen PSA würden oft Arbeitskräfte zu Dumping-Preisen an Firmen verleihen und so den etablierten Zeitarbeitsfirmen schaden. Dies geschehe mit der Hilfe des Geldes, das ihnen die Bundesanstalt für Arbeit (BA) zahle. Florian Gerster, BA-Vorstandschef, räumte ein, dass die Subventionierung der PSA „ein Problem für den Zeitarbeitsmarkt darstellt“. Konsequenzen wolle er daraus aber vorerst nicht ziehen.

Die Personal-Service-Agenturen sind das Herzstück der Reformen, die die Kommission zum Umbau der Arbeitsverwaltung unter Leitung von VW-Personalvorstand Peter Hartz vorgeschlagen hatte. Sie wurden ins Leben gerufen, um die mangelhafte Qualifikation vieler Arbeitsloser zu verbessern. Die PSA sollen Jobsuchende für bis zu ein Jahr übernehmen, sie qualifizieren und dann rasch in eine dauerhafte Stelle vermitteln. Dafür erhalten die PSA Zuschüsse von der BA von 800 bis 1200 Euro. Sie sinken mit der Dauer der Beschäftigung einer Arbeitskraft bei einer PSA. Die BA erwartet, dass bis zum Jahresende bis zu 1000 PSA gegründet werden, von öffentlichen wie von privaten Trägern. Sie sollen 50000 Leiharbeitskräfte in den Markt bringen. Ende Juni gab es hier zu Lande 614 PSA mit 2340 Teilnehmern.

Die Zeitarbeitsbranche beklagt aber, dass das Geschäft der etablierten Firmen unter der PSA-Konkurrenz spürbar leide. „2003 werden die PSA 10000 bis 15000 Arbeitnehmer vermitteln, die normalerweise von uns als Zeitarbeitsunternehmen überlassen worden wären“, sagt Jürgen Uhlemann von der Hamburger Zeitarbeitsfirma Jobs in time. „Das bedeutet einen enormen Umsatzausfall.“

Schuld daran sei auch ein Missbrauch von Subventionen. Durch sie könnten die PSA für die Überlassung von Arbeitnehmer geringere Preise verlangen als die etablierten Unternehmen, die ohne Zuschüsse auskommen müssten. „Das ist paradox in einer Zeit, in der eigentlich Subventionen abgebaut werden sollen“, sagte Uhlemann. Elmar Hoff, Chef des Konkurrenten Adecco, nannte die Praxis „wettbewerbs- und branchenschädigend“.

Die Idee, mit den staatlichen Zuschüssen Arbeitslose zu qualifizieren, funktioniere oft nicht, kritisieren die Firmen. Statt zur Weiterbildung würden mit den Subventionen unzulässigerweise die Gebühren gedrückt, die entleihende Unternehmen für das PSA-Personal zahlen müssten. „Das geht so weit, dass qualifizierte Buchhalter für nur fünf Euro die Stunde überlassen werden“, sagt Thomas Reitz, Chef des viertgrößten deutschen Zeitarbeitskonzerns Manpower. „Nicht akzeptabel“ findet das auch Heide Franken, Geschäftsführerin des Marktführers Randstad.

Zudem zweifelt die Branche am arbeitsmarktpolitischen Effekt der PSA – der Erhöhung der Chancen Arbeitsloser. „Erschreckend wenige“ ehemals Arbeitslose hätten durch die PSA einen festen Job gefunden, befindet Manpower-Chef Reitz. Nach Tagesspiegel-Informationen waren es bis Ende Juni 78 Leute. Auch Jobs-in-time-Manager Uhlemann ist skeptisch. „Arbeitsmarktpolitisch können Sie den Effekt der PSA vergessen.“ Sie bewirkten allein, dass statt privater Unternehmen nun öffentlich geförderte die Überlassung von Arbeitslosen übernähmen.

Die Zeitarbeitsfirmen fordern nun eine strengere Aufsicht über die Betreiber der PSA, damit die Subventionen so ausgegeben werden wie vorgesehen. „Hier sehen wir dringenden Handlungsbedarf für den Gesetzgeber und die Arbeitsverwaltung“, sagte Randstad-Chefin Franken. Eine Alternative dazu sei die „Abschaffung der PSA zum Jahresende“, schlägt Manpower-Mann Reitz vor.

Arbeitsamts-Chef Florian Gerster sagte, er sehe, „dass die Subventionierung der PSA ein Problem für den Zeitarbeitsmarkt darstellt“. Er warnte jedoch vor „eiligen Schlüssen“. Durch die konjunkturelle Lage sei der Zeitarbeitsmarkt ohnehin beeinträchtigt. „Deshalb sollte man erst einmal abwarten.“

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