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AhA: Warum hört man Glocken kilometerweit?

Wenn in der Berliner U-Bahn plötzlich das Geläut von Kirchenglocken ertönt, kann es sich nur um Handy-Klingeltöne handeln. Bemerkenswert, wie die Klänge einer fernen Vergangenheit in den technischen Errungenschaften der Moderne nachhallen.

Wenn in der Berliner U-Bahn plötzlich das Geläut von Kirchenglocken ertönt, kann es sich nur um Handy-Klingeltöne handeln. Bemerkenswert, wie die Klänge einer fernen Vergangenheit in den technischen Errungenschaften der Moderne nachhallen.

Glocken verbreiteten sich im Mittelalter. In den wachsenden Städten zeigte ihr Geläut nicht nur Gebetsstunden an. Sie schlugen auch zum Öffnen und Schließen der Stadttore, zu den Marktzeiten, bei Feueralarm oder wichtigen Bekanntmachungen – daher die Redewendung „etwas an die große Glocke hängen“. Reiche Städte leisteten sich große Glocken auf hohen Türmen. Über Schlagwerke wurden sie mit Räderuhren verbunden und läuteten als „selbstschlagende Glocken“ in ganz Europa die Etablierung einer neuen städtischen Zeitordnung ein.

Die Größe der Glocke war ausschlaggebend für die Reichweite des Alarm- und Zeitsignals. Je größer ihr Mantel, desto mehr Schallenergie kann eine Glocke erzeugen. Darin ähnelt sie dem Lautsprecher. „Auch große Lautsprecherboxen bringen mehr als kleine“, erläutert Friedrich Balck von der TU Clausthal. In Lautsprecherboxen verursacht eine schwingende Membran Druckänderungen in der Luft, die den Schall ausmachen. Tiefe Töne erfordern eine große Membran. Sie haben eine besonders große Reichweite. Wenn Konzerte im Freien stattfinden, sind die Bässe über riesige Entfernungen zu hören, während hohe Frequenzen in der Luft viel stärker gedämpft werden.

Den „dicken Pitter“ des Kölner Doms, dessen Klöppel Anfang des Jahres zerbrach, hört man aufgrund seines Durchmessers von mehr als drei Metern über Dutzende Kilometer. Er wird mit kräftigen Schlägen zum Klingen gebracht. Unten, am Schlagring, ist sein Mantel am dicksten. „Nach oben hin wird er dünner, damit das Metall elastisch schwingen kann“, sagt der Physiker und Musiker.

Der Klang einer Glocke werde durch den Gießprozess festgelegt. Er sei vergleichbar mit dem Zusammenspiel vieler Instrumente. Die unterschiedlichen Teiltöne sollten so aufeinander abgestimmt sein, dass sie harmonisch klingen.

Klingen mehrere Glocken zusammen, hört man sie noch besser. Ihre Melodien kommen noch eher gegen die Umgebungsgeräusche an. Aus demselben Grund wählen wir fürs Handy keinen einzelnen Klingelton, sondern Tonfolgen. Oder Glockenschläge. Thomas de Padova

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